Südkorea | Küsten und Strände

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November 2017
8 Radtage, 4 Ruhetage in Busan
533 km, 100 % asphaltiert

Gangneung – endlich am Meer!
Häfen – Fischerdörfer & Industriestädte
Südkoreas Ostküste – Klippen, Strände, Fischerdörfer
Nächte – Strände, Parks & selten Motels
Busan – ein neuer Plan: Japan!

ROUTE GANGNEUNG – BUSAN | 533 km

Route Seoul - Busan

ROUTE Gangneung – Busan | Gangneung – Donghae – Samcheok – Uljin – Pyeonghae – Ulsan – Busan (mehr oder weniger dem ‚Ostküsten-Radweg‘ folgend) GPX-Datei und zoombare Detailkarte

GANZE ROUTE SÜDKOREA | SEOUL – GANGNEUNG – BUSAN (1113 km)

Route Gangneung - Busan

ROUTE SÜDKOREA | Seoul – Gangneung – Busan (1113 km) GPX-Datei und zoombare Detailkarte

Der ‚Ostküsten-Radweg‘ von Gangneung nach Busan

Nach zwei Wochen in den schönen, aber kalten koreanischen Bergen freuten wir uns auf etwas wärmere Temperaturen. Trotzdem wollten wir nach einem Nachmittag im Olympischen Dorf unser Zelt ein letztes Mal in den Bergen aufschlagen. Nach wenigen Kilometern erreichten wir die Passhöhe und konnten erste Blicke auf das „Japanische Meer“, das die Koreaner „Ostmeer“ oder „Koreanisches Meer“ nennen, geniessen. Die ausufernde Hafenstadt Gangneung erstreckte ihre Tentakel bis weit herauf in die Berge. Ehe wir uns versahen, waren wir in immer dichter besiedeltem Gebiet. Mehrere Versuche, einen geeigneten Campspot zu finden, schlugen fehl, plötzlich drängte die Zeit. Die Sonne verschwand am Horizont und kurz darauf war es stockdunkel – während wir immer noch einen Nachtplatz suchten. Schliesslich liess man uns im Garten einer ‘Golf-Driving Range’ campieren. Erleichtert stellten wir uns im nahen Restaurant mit Schweinekopfsuppe und -würsten einer letzten Herausforderung, bevor wir uns ins Zelt verkrochen.

Gangneung machte es uns nicht leicht. Bevor wir das Zentrum erreichten, verirrten wir uns auf eine Autobahn – im morgendlichen Berufsverkehr eine nicht eben entspannende Erfahrung. Doch nun waren wir wieder auf Stadt eingestellt und landeten vollbepackt im erwachenden Markt der Stadt. Auch unsere Neugierde erwachte. Während wir fasziniert die für uns doch recht ungewöhnliche Auswahl an Trockenfischen bestaunten, beguckten die Marktfrauen uns. Ein Geben und Nehmen also. Nach über einer Woche ohne feste Unterkunft befürchteten wir allerdings, in Sachen Duft mehr zu geben als zu nehmen. Wir gönnten uns ein Zimmer mit Meerblick und taten, was getan werden musste – wir duschten und schliefen.

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Auf dem Markt von Gangneung herrscht buntes Treiben. Fische warten, Frauen schauen und man verständigt sich mit Hand und Fuss.

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Grosse Fische hängen wie Drachen aufgespannt von der Decke …

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…. und kleinere Fische tragen Stützkorsette.

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Nach all den Fischen ist uns nach Strand. Gangneung hat ihn.

Ab Gangneung folgten wir dem Verlauf der Küste südwärts, mal direkt am Meer, dann wieder über tausendundeinen Hügel weiter landeinwärts. Durch ein mehr oder weniger zusammenhängendes Netz von Radwegen, nennen wir es den ‘Ostküsten-Radweg’, wurde uns die Navigation leicht gemacht. Wir brauchten bloss bunten Plaketten am Strassenrand oder einer gelben Linie am Boden zu folgen. Aber wehe dem, der ein Schild übersah! Täglich verfuhren wir uns und standen meist plötzlich vor für Radfahrer gesperrten Autobahnabschnitten oder -tunnels. Auch an den Toren eines Atomkraftwerks wurden wir zurückgewiesen.

Dasselbe geschah, als wir, wiederum unabsichtlich, am Tor eines Endlagers für radioaktive Abfälle bei Wolsong auftauchten. Unser eigener Abfall war zwar nicht radioaktiv, doch haben wollte ihn trotzdem keiner. Öffentliche Mülleimer waren in ganz Korea rar. Es blieb uns nichts anderes übrig, als bei Besuchen in ‘Convenience Stores’ nicht nur einzukaufen, sondern gleich auch noch unseren Müll zu entsorgen – in deren Abfalleimern, nicht zwischen den Regalen wohlgemerkt.

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Supermarktbesuche dauern oft lange und grenzen an Überforderung.

Die gut 500 Küstenkilometer zwischen den beiden Städten Gangneung und Busan waren geprägt von kleinen Fischerdörfern direkt am Meer. Nachts flackerte der Schein der Fischerboote vor der Küste. Und während wir tagsüber die oft unglaublich steilen (aber meist nur einige hundert Meter langen) Steigungen hochkeuchten, winkten uns tausende am Strassenrand zum Trocknen aufgehängte Fische und Tintenfische zu. Auch Senioren, die in kleinen Gruppen die Strassen und Plätze der Dörfer fegten, hatten ihren Spass an uns – oder genehmigten sich in den Pausen ein paar Schnäpschen. Die Nächte verbrachten wir, abgesehen von einer Nacht bei einem ‘Warmshowers’-Host, im Zelt. Wir fanden schöne Campspots direkt am Strand: Ob im Schutze eines Wäldchens, in kleinen Parks, neben der Wache der örtlichen Rettungsschwimmer oder am Fuss eines Leuchtturms. Die nächtlichen Temperaturen waren ein paar Grad wärmer als wenige Tage zuvor in den Bergen, doch der Wind trieb uns meist schnell ins Zelt.

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Selbst bei der Ankunft im Dunkeln erkennen wir die Exklusivität dieses Campspots sofort und gestalten ihn zum Schlafplatz um.

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Während wir unsere Tage im Sattel verbringen, hängen andere am Strand ab.

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Strandcamping zwischen Hafenbecken und Küstenstrasse, mit den örtlichen Rettungsschwimmern als Nachbarn.

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Künstlich angelegte Wellenbrecher, vor Ort aus Beton gegossen, sind bei Fischern sehr beliebt.

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Während nachts die Lichter der Fischerboote vor der Küste schaukeln, bietet uns das Wäldchen direkt am Strand Schutz vor Wind, Kälte und neugierigen Blicken.

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Fischereihäfen zieren die Küste. In manchen geht es gemächlich zu …

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… andere erfreuen sich grösster Beliebtheit.

Im Gegensatz zur Mongolei schienen wir nicht vom Fleck zu kommen, Tagesleistungen über 80 km waren selten. Denn es war nicht einfach. Direkt am Wegrand wollten eindrückliche Tempel besucht und deren farbenprächtige Malereien erkundet sein. Strandpromenaden luden zum Flanieren mit Sack und Pack. Überall riefen uns nun öffentliche Toiletten zur täglichen Katzenwäsche. Dies waren wir unserem Gastland schuldig! Darüber hinaus lockten ‘Convenience Stores’ ganztags mit Tischen in der Sonne, Kaffee, süssen ‘Mooncakes’ und mittags leckeren Fertigmenüs. Bei dieser Gelegenheit gönnten wir jeweils Zelt und Schlafsäcken eine trocknende Dosis Sonnenstrahlen gegen das temperaturbedingte nächtliche Kondenswasser.

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Sonnenstund hat Gold im Mund – und trocknet unsere Schlafsäcke vor einem ‘CU’ Convenience Store. Wir schlürfen genüsslich Kaffee und üben uns in Geduld.

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Mikrowellen-Menüs à la Koreana – Not the real thing, aber lecker, schnell und überall zu haben. Vorteil im Vergleich zu anderen Restaurants: Man weiss, was man bekommt.

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Unverhofft locken uns Tempel aus den Sätteln. Hier der berühmte buddhistische ‚Haedong Younggungsa‘ Tempel, der sich bei Busan an die Klippen klammert. Seine Anfänge reichen ins Jahr 1376 zurück.

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Wir verlieren uns in den Details, ob in Tempeln ….

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… oder auf Fahrradbrücken.

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Katzenwäsche: Morgens um 10 Uhr erwarten uns an der Hafenpromenade von Pohang frisch geputzte Toiletten.

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Doch Pohang hat weit mehr zu bieten als saubere öffentliche Toiletten!

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Kunst im Hafen zum Beispiel.

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Pausenplätze versuchen sich gegenseitig zu überbieten.

Je weiter südlich wir entlang der koreanischen Küste kamen, umso öfter durchquerten wir Hafenstädte. Industriegebiete zogen sich endlos hin. Hyundai produziert dort Schiffe, und am Strassenrand bewerben Poster die Umweltfreundlichkeit der hier allgegenwärtigen Stahlindustrie. Stadtgrenzen waren plötzlich fliessend, nur der Verkehr nicht immer. Dass dies auch auf Radwegen vorkommt, erfuhren wir vor Ulsan. Unverhofft – und völlig unvorbereitet – fanden wir uns von einem Moment auf den anderen in einem dichten Strom von Radfahrern, der uns das Fürchten lehrte. Schichtwechsel im nahen Hyundai-Werk, Fahrrad-Rushhour!

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Viele kleine Hyundais, bereit die Welt zu erobern.

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Industrie ist Trumpf und vielerorts nicht zu übersehen.

Nach 8 Tagen erreichten wir schliesslich Busan, unser Ziel am südöstlichen Ende der Koreanischen Halbinsel. Die mit über 3 Mio. Einwohnern zweitgrösste Stadt Südkoreas erstreckt sich über mehrere Buchten und krönt sich selbst mit einer grandiosen Skyline. Tagsüber glich sie einem geschäftigen Meer aus Hochhäusern, Brücken und Strassenschluchten direkt am Meer. Doch nachts verwandelte sie sich in einen pulsierenden Brei aus grellbunten LED- Lichtern, Märkten und Fischrestaurants. Pulsierend war dann auch die Deko des (Stunden-) Hotels, in welchem wir in Hafennähe Unterschlupf fanden. Diese in Südkorea ‘Motel’ genannten Herbergen trumpfen teils mit Themenzimmern auf und schlagen mit umgerechnet 25 bis 55 USD pro Nacht und Zimmer zu Buche. Die Stundentarife dürften billiger sein. Nach zwei Nächten im fluoreszierend bemalten und mit Ultraviolett-Licht ausgeleuchteten ‘Strand-Zimmer’ wechselten wir für zwei weitere Nächte samt Räder ins ‘Büro-Zimmer’. Dort räkelte sich die gemalte Sekretärin bereits an der Wand.

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Busan, Gross- und Hafenstadt, bietet Strände, Strassenschluchten und eine grandiose Skyline.

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Im Hafen von Busan treffen wir auf ‚Hulk‘ und kommen ungeschoren davon.

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Nächtlicher Blick über den Hafen von Busan.

Neben dem täglichen Stillen des für Pausentage üblichen Heisshungers beschäftigte uns etwas anderes. Wir hatten Busan an der Südostspitze Koreas erreicht. Und nun lag, nur 200 km oder 6 Fähr-Stunden entfernt, plötzlich Japan in Reichweite. Welch ein Zufall, dass im nahen internationalen Passagierhafen beinahe täglich Fähren eben dorthin in See stachen! Ursprünglich wollten wir die Küste und die Halbinseln südlich von Busan weiter erkunden und dann irgendwie den Bogen zurück nach Seoul schlagen. Doch Japan war zu nah, die Verlockung zu gross – ehe wir uns versahen, hatten wir Tickets nach Fukuoka gebucht. Zwei Mal mit der Fähre nach Japan und zurück, Holz- oder in diesem Fall Futon-Klasse.

Next Blogpost: Japan!

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Nicht nur Schall und Rauch. Busans Buchten und Häfen sind durch eine Vielzahl von bunt beleuchteten Brücken verbunden.

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Mit bereits ausgestempelten Pässen und geröntgtem Gepäck an den Rädern irren wir durch die endlosen Gänge des Fährterminals im internationalen Hafen von Busan. Auf nach Japan!

Zum Schluss die Galerie:

Südkorea | Kimchi und die DMZ

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Oktober / November 2017
11 Radtage, 4 Ruhetage
580 km, 99,5 % asphaltiert

Seoul — von der Steppe in die Stadt
DMZ — Besuch an der Grenze
‚Urban Camping‘ — Parks, Parkplätze und Gedenkstätten
Pyeong Chang — Vorbereitungen auf Olympia 2018

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Korea und unsere Route von Seoul nach Gangneung im Überblick. GPX Datei und Detailkarte finden sich hier.

ROUTE | Seoul — Chuncheon — Yanggu — Haean Myeon — ‚Eulji Observatory‘ (DMZ) — Buk Myeon — Soeroksan National Park — Pillye — Garin — Odaesan Nationalpark (Eintritt mit Rad verweigert) — Jinbu — Daegwanryong (Pyeong Chang Olympic Stadium) — Gangneung

Der zweistündige Flug von der Mongolei nach Südkorea war ein Flug in eine andere Welt. In eine Welt voller Menschen, Hektik, Verkehr und Sauberkeit. Auf Fussgängerstreifen und rote Ampeln war Verlass und überall leuchteten LED in allen Farben. So hatten wir uns eigentlich Japan vorgestellt, nicht Südkorea. Die ersten Tage in Seoul kamen wir in den Genuss der Gastfreundschaft unserer weit gereisten ‚Warmshower‘-Hosts Ji-Hyun und Jung Song. Sie nahmen uns in ihrem gemütlichen, als Treibhaus getarnten Heim am Rande der riesigen Metropole Seoul auf. Von dort erkundeten wir die Stadt — sie hatte so einiges zu bieten — und machten uns mit den Eigenheiten einer ’neuen‘ Kultur vertraut. Dazu gehörten neben Sightseeing auch Streifzüge durch verschiedene ‚Convenience Stores‘ und Supermärkte zur Erkundung des Angebots und um herauszufinden, womit wir wohl unsere ‚Framebags‘ für unterwegs füllen könnten.

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Grünes Seoul – auch im Zentrum gibt es grüne Oasen.

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Bei unseren Warmshower-Gastgebern Ji Hyun und Song Jong wohnen wir etwas ausserhalb in einem ‚green belt‘, einer Landwirtschaftszone, und erkunden gemeinsam die Stadt.

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Seoul by night – scheint die Stadt tagsüber gemächlich, pulsiert sie bei Nacht.

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In Seouls engen Gassen herrscht Touristen-Stau.

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Verkehrsregeln sind hier, im Gegensatz zur Mongolei, zu beachten – auch nachts.

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Die Beschriftung im ganzen Land ist gut – freilich koreanisch.

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Seoul Traffic – wir nehmen die U-Bahn.

Mit einem Kilo Reis und ein paar Packungen Nudelsuppen im Gepäck verabschiedeten wir uns nach einigen Tagen von Ji-Hyun und Sung Jong. Siebzig Kilometer auf (Süd-)Koreas grosszügigen Radwegen später waren wir immer noch in Seoul. Jetzt war es an der Zeit, unser neues Camping-Konzept zu testen. Während koreanische Familien ihre (Sonnen-)Zelte abbauten und sich auf den Heimweg machten, stellen wir unser kleines Zelt mitten in einem Park auf. Um uns herum führten Menschen ihre Hunde und Katzen aus, statteten dem nahen öffentlichen und mit klassischer Musik berieselten Klo einen Besuch ab oder drehten bloss eine Runde auf dem Rennrad. Wir krochen ins Zelt und hatten eine unruhige Nacht — so viel nächtliche Aktivität um uns herum waren wir nach der Mongolei nicht mehr gewohnt. Der Trick am Park-Camping lag schliesslich darin, das Zelt spät aufzustellen und vor Sonnenaufgang wieder abzubauen. Es sollte sich bewähren und wir verbrachten den Grossteil unserer Nächte in Korea im Zelt in städtischen Parks, auf Parkplätzen, an Stränden, neben einer Driving Range und neben öffentlichen Toiletten. Einmal pro Woche gönnten wir uns ein ‚Motel‘ — der Dusche wegen.

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Einen Tag lang fahren wir durch Seouls Strassen-Dschungel….

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….und legen uns in Parks ins Gras.

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Seouls Radwege sind erstklassig, winden sich durch die Stadt und laden zum Verweilen ein.

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Auch nachts. Campieren in Parks ist zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig.

Auf dem ‚Bukhangang‘ Radweg, dem gleichnamigen Fluss nach Nordosten folgend, liessen wir Seoul hinter uns und kamen die nächsten Tage ob der unglaublichen Radweg-Infrastruktur nicht mehr aus dem Staunen heraus. Mindestens alle paar Kilometer gab es speziell für uns (Radfahrer) aufgestellte öffentliche Toiletten, fest montierte Luftpumpen, erholsame Parks und schattenspendende Pavillons. So gondelten wir in gemächlichem Tempo durch die malerischen Berge des südkoreanischen Nordens und machten ‚Ferien‘. Wir hielten an jeder Ecke, kurvten durch kleine Dörfer, machten Fotos und legten Kaffeepausen ein.

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Bicycle Highways made in Korea – wir glauben unsern Augen kaum.

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Mit Brücken wird hier nicht gegeizt.

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Auch Toiletten sind nie weit entfernt.

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Tunnel-Erlebnis mit musikalischer Untermalung: Radweg in höchster Perfektion.

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Auch der Kunst wird genüge getan. Ob im See wie hier bei Chuncheon…

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…oder an Ausstellungen von Filmplakaten.

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Ziemlich Science-Fiction sind diese Kerle hier – oder was sie zurückliessen. Die Bewohner der kleinen Larven-Monster sind bereits ausgeflogen.

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Dann doch lieber Frühstück mit Aussicht.

Nach einigen Tagen erreichten wir die kleine Stadt Yanggu an der berühmt-berüchtigten und hochaktuellen ‚DMZ‘, der seit dem Ende des Koreakriegs 1953 entmilitarisierten Zone an der Grenze zu Nordkorea. Dort gab es im ‚Eulji Observatory‘ die Möglichkeit, einen Blick über das Niemandsland zu erhaschen, wo sich nord- und südkoreanische Truppen, am 38. Breitengrad durch einen 4 km breiten Streifen getrennt, seit Jahren in höchster Bereitschaft gegenüber stehen. Je näher wir der Grenze kamen, umso spürbarer wurde die Militärpräsenz. Panzersperren, Lastwagen und Truppen gehörten bald zum Strassenbild und Helikopter oder Jets dröhnten regelmässig über unseren Köpfen. Passend dazu hielt um uns herum der Winter Einzug. Die letzten farbigen Blätter verschwanden und die Temperaturen sanken tagsüber unter 10° Grad und nachts zum Gefrierpunkt.

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Wir ‚cruisen‘ durch Täler und bunte Wälder.

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Farbige Ginkgo Blätter lassen uns nicht vergessen, wo wir sind.

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Ein Aufstieg jagt den nächsten.

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Die Belohnung erfolgt in Form gewundener Abfahrten, oft ohne Verkehr.

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Und natürlich schöne Ausblicke!

Ein Besuch der DMZ auf eigene Faust wollte geplant sein. Vor dem Besuch der Grenze mussten wir in Yanggu das nötige ‚Permit‘ besorgen. Dieses hatten wir nach ein paar Stunden im Irrgarten eines koreanischen Verwaltungsgebäudes in unseren Händen und konnten die verbleibenden 40 km zur Grenze in Angriff zu nehmen. Dort warteten am nächsten Tag die nötigen Dokumente bereits auf uns und gegen eine Eintrittsgebühr von 7’000 Südkoreanischen Won, umgerechnet 6.- CHF, bekamen wir die endgültige Erlaubnis zum Besuch der Grenze. Doch es galten Vorschriften. Sie besagten, dass eine Annäherung an die DMZ auf dem Fahrrad nicht erlaubt sei. Doch eine Lösung war schnell gefunden: Unsere Räder wurden unter einer der allgegenwärtigen Überwachungskameras abgestellt, und wenig später sassen wir bereits in einem Bus voller koreanischer Senioren und bekamen Früchte und Getränke zugesteckt. Unter den fürsorglichen Fittichen der Reisegruppe aus Busan besuchten wir zuerst den mehrere Kilometer langen ‚4th Infiltration Tunnel‘. Der Tunnel war von der nordkoreanischen Armee in feindlicher Absicht in über 400 m Tiefe in den Fels unter der südkoreanischen Grenze getrieben worden. Der Besuch des Tunnels war eindrücklich und mit einem strikten Fotoverbot belegt. Von freundlichen jungen Soldaten geführt marschierte die ganze Gruppe in Zweierreihe durch den (nach der Entdeckung gegrabenen) südkoreanischen Zugangsstollen in den Berg hinein. Nach einigen hundert Metern im Berg trafen wir auf den nordkoreanischen Tunnel. Dort erwartete uns eine kleine Eisenbahn, welche uns in kleinen Gruppen einige Meter in den 1,7 m hohen und ebenso breiten, in den rohen Fels getriebenen Tunnel hinein und wieder zurück chauffierte.

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Bevor es zur Grenze geht, besorgen wir uns in Yanggu die nötigen Dokumente und verbringen die Nacht auf unserer eigenen kleinen Insel, mitten im See, zwischen Pavillons und Flugzeug-Oldtimern.

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Nicht nur beim Militär herrscht strenge Ordnung. Rettichstängel hängen zum Trocknen in Reih und Glied.

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Nahe der DMZ, der entmilitarisierten Zone, stehen Strassensperren bereit. Diese werden notfalls zum Einsturz gebracht und machen die Strasse unpassierbar. Zudem vernehmen wir bereits leise, schräge Musik.

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Unsere Reisegruppe für einen Vormittag.

Um den strikten Zeitplan unserer Reisegruppe einzuhalten, sassen wir kurz darauf wieder im Bus. Nun ging es an die DMZ, die wir bisher ja nur von ‚unten‘ erlebt hatten. Vom Innern einer spiegelverglasten Aussichtsplattform aus blickte man auf das 4 km breite Niemandsland. Dahinter lagen die Grenzposten und Befestigungsanlagen Nordkoreas. Das Observatorium war ein eigentümlicher Ort, an dem zwar der Verkauf von Popcorn durchaus nicht fehl am Platz gewesen wäre, der einen aber trotzdem erschaudern liess.

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Blick vom Eulji Observatorium – jedoch in die erlaubte (falsche) Richtung.

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Wir campieren diese Nacht hinter dem Monument bei der Unification Hall an der DMZ. Musik dröhnt die ganze Nacht und plärrt Propaganda aus Nordkorea über die Grenze.

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Neben einem sehr guten Museum erwarten dort die Besucher auch bizarre Attraktionen.

Und das Schaudern ging weiter. Zurück beim ‚Unification Center‘ und bei unseren Rädern, immerhin 7 km von der Grenze entfernt, erhielten wir die Erlaubnis, direkt auf dem Gelände des Koreakriegs- Denkmals zu campieren. Bereits am Morgen hatten wir in Grenznähe von irgendwo her relativ laute Musik vernommen. Da hatten wir den Musikgeschmack der unbekannten Person ernsthaft angezweifelt, uns aber nichts weiter gedacht. Doch mit Anbruch der Dunkelheit drehte der Wind. Die Musik dröhnte nun plötzlich um ein Mehrfaches lauter. Was uns in dieser Nacht keine Ruhe gönnte, entpuppte sich am Morgen darauf als nordkoreanische Propagandamusik von jenseits der Grenze.

Mit der DMZ waren wir am nördlichsten Punkt unserer Reise in Korea angekommen. Wir drehten nach Süden ab. Von unserem Ziel Busan, der Hafenstadt im Südosten Koreas, trennten uns noch etwa 1000 km und ebensoviele Berge. So wand sich unser Weg in den folgenden Tagen durch die wunderbar schroffen Berge Gangwons, Südkoreas nordöstlichster Provinz. Versuche, den geteerten Strassen den Rücken zu kehren, hatten gemischten Erfolg. Während wir am Eingang zum ‚Soeroksan Nationalpark‘ sämtliche koreanischen Hinweistafeln nicht lesen und eine geschlossene Schranke ungehindert passieren konnten, wurden wir mit unseren Rädern am Tor zum ‚Odaesan Nationalpark‘ bestimmt (und leicht misstrauisch) abgewiesen.

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Obwohl die Verständigung oft zäh ist, sind die Menschen überaus freundlich und hilfsbereit! Sie verkaufen teils riesige, fantastisch süsse Äpfel. Wir Fremdlinge bekamen sie geschenkt.

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Am Eingang zum ‚Soeroksan Nationalpark‘, inmitten unlesbarer Hinweise. Wir machen uns schlau, verstehen nichts und winken uns selbst durch…

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Endlich haben wir wieder Dreck unter den Reifen.

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Camping im Nationalpark. Natur pur.

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Sieht es aber nach Regen aus, suchen wir ein Dach für die Nacht. Etwa auf dem Parkplatz eines Museums.

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Doch auch hier sind die Nächte im Zelt oft kalt.

Immer noch in den Bergen erreichten wir schliesslich die Region Pyeong Chang. Hier liefen die Vorbereitungen auf die im Februar 2018 bevorstehenden Olympischen Winterspiele auf Hochtouren — es war kaum zu übersehen. Im Umkreis von 100 km wurden Strassen aufgerissen, Stadtzentren gepflastert und öffentliche Toiletten saniert. Hotels wurden eröffnet, Autobahnen gebaut. Uns schien, es gebe noch einiges zu tun. Durch den ganzen Trubel neugierig gemacht, beschlossen wir, der Sache auf den Grund zu gehen, und statteten dem künftigen Olympiastadion einen Besuch ab. Es war nicht abgeschlossen.

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Nur die wenigsten fahren im November schon Ski, dazu fehlt der Schnee. Doch im Januar soll es hier eisig kalt werden.

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Wir parkieren exklusiv am Olympiastadion von Pyeong Chang.

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Das Tor steht offen, es zieht uns hinein. Wir nehmen Augenschein und befinden den Ausbau für angemessen.

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Pyeong Chang ist bereit – lasset die Spiele beginnen!

Nach dem Olympia-Augenschein trennte uns ein letzter kleiner Pass von der Hafenstadt Gangnueng an Koreas Ostküste. Dort wartete der Pazifische Ozean, wärmere Temperaturen versprechend.

Zum Schluss die Galerie: