November / Dezember 2018
6 Tage im Sattel + 2 Tage in Dubai
338 km, 1’650 Höhenmeter
Dubai – Überraschend Indisch
Vereinigte Arabische Emirate – Von Emirat zu Emirat
Wüste – Sand, Dünen, Skorpione
ROUTE | Dubai (UAE) – Al Awir – Falajal Moalla– Al Biyata – Tawyen – Al Jaroof – Wadi Sidr –Masafi– Sifi – Wadi Al Helo– Hatta – Hatta Border UAE / OMAN Mehr zur Route hier
Dubai | Ab in die Wüste
Nach Dubai zu gelangen war mit ‚Oman Air‘ (Zürich – Maskat – Dubai) nicht schwierig gewesen. Die Stadt zwischen Meer und Wüste aber wieder zu verlassen war umso schwieriger. Stundenlang suchten wir unseren Weg aus einer Stadt heraus, die offensichtlich nicht für Fussgänger oder gar Radfahrer konzipiert worden war. Immer wieder scheiterten wir an mehrspurigen Autobahnen, Autobahnbrücken und unüberquerbaren Leitplanken. Erst nach Sonnenuntergang erreichten wir den Stadtrand. Und endlich stand unser Zelt zwischen dunklen Dünen im weichen Sand.
Die auf der Arabischen Halbinsel am Persischen Golf gelegenen ‚Vereinigten Arabischen Emirate‘ sind ein Zusammenschluss von sieben Emiraten, darunter Abu Dhabi, Dubai, Sharja und Ras-al-Khaimah. Während sich die Städte wie Perlen an der Küste entlang des Persischen Golfs aufreihen, beginnt bereits wenige Kilometer landeinwärts die ‚Rub Al-Chali‘, die grösste Sandwüste der Erde.
Sandige Pisten dem heissen Asphalt vorziehend, wühlten wir uns zwei Tage lang durch die von Highways durchzogene Wüste nordwärts. Abseits der Strassen folgten nach vereinzelten Dattelplantagen und Kamelfarmen bald nur noch endlos erscheinende Dünenfelder. Dabei orientierten wir uns grob an einer von @paulrobida (lostandcurious.com) mittels aufwändiger Recherchen und mehrmaliger Befahrung entworfenen 4×4-Route durch die Emirate. Während Paul grosse Umwege zu Dünenfeldern und Allrad-Paradiesen in Kauf nahm, pickten wir nur einzelne Abschnitte heraus und verbanden sie mittels selbst recherchierten Tracks. Wir wussten ja noch nicht, ob der weiche arabische Sand für uns überhaupt befahrbar war. Die riesigen, unverspurten Dünenfelder waren es definitiv nicht.
Abgesehen von einer etwas merkwürdigen Begegnung mit einem Arbeiter in einem Geländewagen, begegneten wir abseits des Asphalts nur wenigen Menschen. Und wenn, dann brausten sie in verdunkelten Geländewagen an uns vorbei.
Besagte Begegnung mit dem Arbeiter im Geländewagen aber verlief anders: Neben uns herfahrend, verhörte er uns regelrecht. Er wollte etwa genau wissen, wo wir welche Werkzeuge eingepackt haben, ob und wo wir die Pumpe hätten. Dann referierte er aus dem fahrenden Auto heraus über die richtige Stellung des Fusses auf den Pedalen und deren Auswirkung auf die entsprechenden Bänder der Füsse – und schliesslich gab er uns noch eine Lektion in Sachen Reifendruck: Er solle so hoch sein, um den Reifen nicht gegen die Felge zusammenzudrücken und zu zerstören, aber trotzdem tief genug, um möglichst breit durch den feinen Sand zu rollen.
Mit schwammig-weichen Reifen rollten wir fortan durch den weichen Sand. Doch trotz des optimalen Reifendrucks von unter einem Bar (!) erkannten wir bald unsere Grenzen. Abseits der Off-Road-Pisten war kein Vorwärtskommen. Dafür waren unsere Reifen immer noch zu schmal. Der beherzte Versuch der Durchquerung eines Dünenfeldes scheiterte bereits nach wenigen hundert Metern an der Erkenntnis, dass wir die Räder samt Ausrüstung auf den steilen, weichen Dünen fast ausschliesslich hätten tragen müssen – es wäre an dieser Stelle nur 5 Kilometer breit gewesen.
Nach zwei Tagen im Emirat ‚Ras al Khaimah‘ zog sich die Wüste um uns herum nach und nach zurück. Bald zeichneten sich in der Ferne die steilen Ausläufer der ‚Al Hajar‘-Berge ab. Dieser Gebirgszug erstreckt sich sichelförmig, über hunderte Kilometer entlang des Golfs von Oman. Und am anderen Ende wartete Maskat, die Hauptstadt des Oman auf uns.
Einmal in den Bergen lernten wir aber auch eine geteilte Welt kennen, eine Welt von ‚drinnen‘ und ‚draussen‘, von Armut und Luxus: Während Gastarbeiter aus Indien, Bangladesch, Pakistan und Afghanistan ihre Arbeit ‚draussen‘ in Bergwerken, auf Dattelplantagen, in Autowerkstätten oder in einfachen Imbissbuden verrichteten, schienen sich die Einheimischen ‚drinnen‘ förmlich in ihrer klimatisierten Welt aus protzigen Häusern, hohen Mauern und grossen SUV zu verkriechen. Diese mussten sie selbst zum Einkaufen nicht verlassen: Man fuhr beim Laden oder Restaurant vor, hupte, und schon kamen die Arbeiter oder Kellner unterwürfig angerannt, nahmen Bestellungen auf und reichten das Bestellte kurz darauf durch die gespiegelt Fensterscheiben.
Wir zogen die Welt ‚draussen‘ vor, abseits von Asphalt und Klimaanlagen fühlten wir uns in ausgetrockneten Wadis (Flussläufen) und felsigen Pfaden wohl und erlebten dabei eine Seite der arabischen Halbinsel, wie wir sie niemals vermutet hätten.
In der ‚draussen‘-Welt schien es auch auf der Arabischen Halbinsel hin und wieder zu regnen. Der Regen – bei jedem unserer Wüstenbesuche bisher anscheinend unvermeidlich – erwischte uns diesmal am vierten Tag, bereits in den Bergen. Doch wir hatten aus unserer Springflut-Erfahrung in der Mongolei gelernt. Wir stellen unser Zelt, bereits bei Dunkelheit und nur wenige Meter von der Strasse entfernt aber unsichtbar, an der höchsten Stelle eines Grabens auf. Als am frühen Morgen der Regen einsetzte sassen wir innert Minuten mitten in einem Fluss auf dem Trockenen.
Nach sechs Tagen im Sattel verliessen wir die Vereinigten Arabischen Emirate staubig und ungeduscht – aber mit einem Lächeln im Gesicht. Wir waren bereit für den Oman!
Mehr dazu im nächsten Blogpost.