842 Kilometer / 25 Tage
Reifenpannen: 1
Route: Guabíto – Almirante – Bocas Town – Bastimentos – Almirante – Rambála – La Mina – David – Tolé – Santiago – Aguadulce – Antón – La Chorrera – Panama City – Portobelo – Turtle Cay Marina – San Blas (Kuna Yala)
Bei strömendem Regen überquerten wir die Grenzbrücke zwischen Sixaola in Costa Rica und Guabíto in Panama und strampelten triefend die verbleibenden, hüglig-fordernden 50 Kilometer nach Almirante, von wo wir kurz vor Sonnenuntergang per Lancha (Schnellboot) zur Isla Colón, der grössten Insel der Gruppe, übersetzten.
Unser Aufenthalt im viel gerühmten karibischen Bocas del Toro war von Regen geprägt. Wir verbrachten vier Tage in Bocas Town, von wo aus wunderschöne Strände mit dem Rad (wer eines hat) erreichbar sind – alle anderen fahren mit Bus oder Boot. Bereits unsere erste Expedition an einen Strand sollte aber scheitern. Bereits nach wenigen Kilometern gab in einer kleinen Abfahrt der „Freilauf“ an Robins Rad den Geist auf. Dies führt dazu, dass die Pedale mitdrehen und die Kette sich unter die Speichen mischt – keine angenehme Sache und obendrein etwas gefährlich. Dafür liess sich das Rad jetzt auch rückwärts fahren! Glücklicherweise waren ganz in der Nähe Arbeiten der Telefongesellschaft im Gange und so wurde das Rad kurzerhand auf die Ladefläche eines Pickups verladen und Robin wurde sammt Rad zurück ins „Town“ gefahren. Daina musste selbst in die Pedale treten. So verbrachten wir den Tag in der Werkstatt anstatt am Strand, wo sich zwar aus Mangel an Werkzeug das defekte Teil nicht ausbauen liess, sich aber glücklicherweise eine passende Hinterachse mit funktionierendem Freilauf fand und eingebaut werden konnte. Damit unsere nächsten beiden Rad-Strandausflüge dann erfolgreicher ausfielen.
Anschliessend machten wir drei Tage Regencamping am schönen, nach seinen kleinen Bewohnern benannten, „Red Frog Beach“ auf der kleinen Nachbarinsel Bastimentos. Die kleinen bunten Namensgeber verstecken sich allerdings schon im Wald. Wer sucht der findet…und in diesem Falle staunten wir auch noch.
Dass Regen auch Vorteile haben kann erfuhren wir, als wir eines Morgens mit Erstaunen feststellen mussten, dass unser vermeintlich robustes Zelt gar nicht so wasserdicht war wie angepriesen. Als wir beim Aufwachen die Pfütze im Zelt entdeckten, setzen wir uns auf – und kurz darauf knallte auch schon ein beindicker, mehrere Meter langer Ast von einem nahen Baumriesen genau dort auf unser Zelt nieder, wo kurz zuvor noch unsere Köpfe gelegen hatten. Das Zelt hats unbeschadet überlebt, aber ob unsere Köpfe dies auch so elastisch eingesteckt hätten bezweifeln wir. Wär doch ziemlich schade um die gewesen!
Die nächsten beiden Etappen mit dem Ziel Panama City sollten uns über 730 Kilometer fordern. Der sportliche Radmechaniker in Bocas hatte die Strecke eben in elf Stunden mit dem Bus gemeistert und schätzte unsere Reisezeit auf optimistische 30 Tage – so lange dauerte es dann doch nicht. In drei Tagen überquerten wir die Kordilliere und damit die kontinentale Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik. Die Berge waren atem(be)raubend, gefühlte 60° Neigung steil, mindestens so heiss, unbarmherzig schattenfrei und voller Scheingipfel. Oben angekommen trennte uns jeweils nur eine kurze Abfahrt vom nächsten Anstieg. Kurz, wir kamen an unsere körperlichen Grenzen und Daina fiel im Anstieg sogar einmal vor Erschöpfung vom Rad. Völlig ausgelaugt mussten wir nach ein paar Stunden am Strassenrand ein Rad-Zeltboden-Notbiwak basteln um uns kurz hinzulegen. Etwas erholt und eine Stunde später am Strassenrand von einem Haufen saftiger Orangen mit Energie versorgt, erreichten wir gegen Abend nach über fünfzig Kilometern Martyrium unser Ziel, das erste Dorf am Weg. Von jetzt an gings am nächsten Tag aufwärts, beziehungsweise abwärts, denn wir erreichten nach einer wohlverdienten, ausgedehnten Abfahrt die Panamericana und kurz darauf Panamas drittgrösste Stadt, David.
Nach zwei verdienten Ruhe-, Wasch- und Radpflegetagen in David machten wir uns an die verbleibenden 450 Kilometer, der Länge nach durch ganz Panama. Es waren lange, interessante Tage auf der Panamericana, die uns durch eine immer wechselnde, teils atemberaubende und teils eintönige, aber immer hügelige Landschaft führte. War es früh morgens teils neblig, so liess die Sonne aber selten lange auf sich warten um dann bis in den Nachmittag auf ums herunter zu brennen. Zur Sicherheit folgten aber dann meist um zwei oder drei Uhr noch ein paar Spritzer Regen.
Wir begannen täglich früh um halb sieben Uhr, gönnten uns eine Kaffepause am Strassenrand nach etwa vierzig Kilometern, assen bei Tankstellenrestaurants oder kleinen „Tiendas“ (Läden) und nächtigten meist in „24-Stunden Hotels“ (die Betonung liegt hier eher auf „Stunden“).
Jeder Tag brachte neue Überraschungen mit sich und es ergaben sich immer wieder Gelegenheiten zu plaudern – ob mit Passsanten, Verkäufern oder Fernfahrern. Je näher wir der Hauptstadt kamen, umso mehr nahm der Verkehr zu, umso „amerikanisierter“ wurden die Supermärkte und Tankstellen und umso breiter wurde die Panamericana selbst. Waren wir nach David auf einer normalen Strasse mit schmalem Seitenstreifen gefahren, so wurden es 2 Tage und 200 Km später zwei Spuren und nochmals 100 Kilometer später kamen dann noch Leitplanken hinzu – wir fuhren praktisch auf der Autobahn, die dann aber erst die letzten 40 km vor Panama City auch so genannt wurde.
Nach sechs langen Tagen im Sattel überquerten wir dann am Freitag, den 29. November die „Puente de las Americas“ über den Kanal nach Panama City. Um uns nochmals zu fordern gab es hier zwar eine Art Trottoir, dieses war aber von hüfthohen Mauern begrenzt und leider zu schmal für uns mit unserem Gepäck. So blieb uns nichts anderes übrig, als mit dem restlichen Verkehr die enge und zu allem Übel rechts und links mit Mauern und Zaun begrenzte Brücke zu überqueren – reine Nervensache bei dem starken Verkehr.
Panama City ist eine grosse, hektische aber auch vielfältige Stadt, die mit einer imposanten Skyline auftrumpft.. über die Qualität der Highrise-Gebäude liesse sich sicher streiten, besonders beim genaueren Hinsehen. Aber da die ganze Stadt etwas nach Verfall aussah mussten sich die Hochhäuser wohl anpassen – die imposanten Riesenmalls im Stile der Estados Unidos am Stadtrand hingegen nicht.
Nach 4 Tagen Weihnachtsrummel (die Leute kamen aus ganz Panama um am „black friday“ Schnäppchen zu ergattern) schwangen wir uns wieder in die Sättel, zogen die Helme in die Stirn und fuhren wiederum hüglige 105 Km nach Portobelo – vom Pazifik an den Atlantik. Die frühmorgentliche Beinahe-Überfahrung einer Coral (eine hochgiftige, rot-weiss-schwarz geringelte kleine Schlange) und der Verlauf der Strecke entlang zweier Schleusen des Panama-Kanals waren schöne und unverhoffte Zugaben. Trotzdem erreichten wir Portobelo erschöpft.
Der kleine, von Spaniern 1579 gegründete Hafen hat eine wilde Geschichte hinter sich, wurde er über die Jahrhunderte immer wieder von Piraten angegriffen und geplündert, so etwa vom berüchtigten Capitain Henry Morgan (der hier mit 450 Mannen zwei Wochen lang wütete) und vom britische Seefahrer Sir Francis Drake. Letzterer soll nach seinem unrühmlichen Durchfalltod (hat er wohl Salat gegessen?) vor der Bucht von Portobelo, hier in einem Bleisarg seine letzte Bleibe gefunden haben. Sicher ist sicher. Piraten wurden deshalb hier noch nie gerne gesehen, wir hingegen schon.
Wir begannen sogleich mit der Suche nach einem Schiff, der einzigen Möglichkeit um ohne zu fliegen nach Kolumbien zu gelangen. Hielten wir erst nach einem Handelsschiff für die Überfahrt Ausschau, so suchten wir nun vermehrt nach einem Segelschiff. Dies sollte uns, im Gegensatz zu den Handelsschiffen in Kolumbien, nicht in Turbo, einer Hafenstadt mit schlechtem Ruf nahe der Grenze zu Panama, sondern direkt in Cartgena absetzen. Zudem bot es uns die Möglichkeit, ein paar Tage durch die idyllischen Inseln von San Blas zu segeln. Oh wie schön ist Panama – und es sollte noch besser werden.
GALLERIE ZUM BLÄTTERN