Aserbaidschan | ‚Azerbaijan Baku‘

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Juli 2018
13 Tage, davon 7 Tage im Sattel, 6 Ruhetage
611 km, 5’759 hm
100 % asphaltiert

Begegnungen – Wirte, Selfies & Coca-Cola
Alltag – Pannenstreifen, Tee & Gegenwind
Baku – wo Petro-Dollars sichtbar werden

ROUTE | Bilasuvar (Grenze Iran) – Ələt (Älät) – Baku – Qobustan Mərəzə – Samaxi – Ismaylli – Gəbələ (Gabala) – Səki (Seki) – Balakən (Balakon, Grenze Georgien) Mehr zur Route

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ROUTE | Bilasuvar – Baku – Balakən (skalierbare Karte und GPX-Download hier)

Aserbaidschan | Azerbaijan Baku!

Während andere im Schatten von Bäumen Bier tranken, feierten wir unsere Ankunft in Aserbaidschan (Azerbaijan; Azərbaycan) mit Eiscrème. Den Anblick des armenischen Einreisestempels in unseren Pässen hatte der Grenzbeamte mit einem verständnislosen, ja enttäuschten, sinngemässen ‚Nein, warum wart Ihr bei den Barbaren?!‘ kommentiert. Weiter ging er aber nicht darauf ein, wir blieben ihm eine Antwort schuldig und man hiess uns willkommen.

Vom Moment unserer Ankunft an erlebten wir die Azeri als sehr freundliche und aufgestellte Menschen, die unsere 13 Tage in Aserbaidschan mit ihrer offenen und herzlichen Art prägten. Begegnungen, wenn auch oft flüchtig und immer zufällig, die unvergessen bleiben.

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‚Selfies‘ und Tee direkt an der Grenze Iran-Aserbaidschan. Die örtliche Mode sticht ins Auge.

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Allgegenwärtiger Personenkult soll vom Zerfall der Infrastruktur ablenken: Heydər Əlirza oğlu Əliyev, ehemaliger Staatspräsident. Sein Clan hält das Land fest im Griff.

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Ausserhalb von Baku kämpfen Menschen in Azerbaijan täglich ums Überleben. Dieser Mann verkauft Fische auf der Autobahn, damit das Geld reicht.

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Für den Zustand dieser Dusche in einem Hotel in Bilasuvar trifft das Regime jedoch keine Schuld.

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Der ‚Coca-Cola-Mann‘ und seine Helfer. Unsere Wege kreuzen sich mehrmals. Beim letzten Mal hielt er auf der Gegenfahrbahn einer Autobahn an und überquerte vier Fahrspuren zu Fuss, um uns je eine Flasche Coca-Cola zu bringen.

Von unfreundlicher Art zeigten sich einzig die starken Winde, die uns hartnäckig von Baku fernhalten wollten. Wir lieferten uns stundenlange Duelle mit ihnen, wobei sie uns teils beinahe von der Strasse und in die Leitplanken bliesen. Dies nötigte uns zu ausgedehnten Teehausbesuchen, wo wir von den Wirten mit Käseplatten, Joghurt und Salaten verpflegt wurden.

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Im Kampf gegen Windböen: Kurvenlage auf endlosen Geraden vor Baku.

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Bremsen, anhalten, zurücksetzen. Für ein paar Selfies auf der Autobahn tut man doch alles.

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Musik hält das Pfeifen des Gegenwindes von den Ohren fern.

Unterschlupf fanden wir bei Einbruch der Dunkelheit in einem nagelneuen Feuerwehr-Ausbildungszentrum. Die beiden wachenden Mannen der Feuerwehr kümmerten sich rührend um uns, und nachdem wir unser selbstgekochtes Abendessen fast verschlungen hatten, luden sie uns zum Essen ein – damit wir mal etwas Richtiges zu essen hätten. Gespült wurde mit einer nicht verhandelbaren Flasche Wodka, die die Unterhaltung auf Russisch, Azeri (einer türkischen Sprache) und Englisch noch anheizte.

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Die Feuerwehr, dein Freund und Campingplatz.

Nach zwei Tagen durch Dörfer in verschiedenen infrastrukturellen Zerfalls-Stadien fanden wir uns in Baku in einer anderen Welt. Hier werden die Petro-Dollars also ausgegeben! Baku die Weltstadt – was am Stadtrand mit Villen begann, wurde in den Vororten zu grosszügigen Wohnanlagen und steigerte sich im Zentrum schliesslich zu einem Bau-Wahn à la Ashgabat. Hinter kilometerlangen, nagelneuen Hafenpromenaden und überschattet von Hochhäusern warteten Parks, Wasserspiele und Nobelboutiquen auf Besucher. In Bakus westlichem Zentrum tummelten sich vorwiegend Gäste aus der russischen und der arabischen Welt. Hotpants und Burkas assen bei McDonalds, shoppten und flanierten auf den Promenaden.

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In Baku prallen Alt und Neu ungebremst aufeinander.

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Öl wird plötzlich sichtbar. Am Stadtrand von Baku pumpen kleine und grosse Fördertürme um die Wette …

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…während im Zentrum Touristen um die Wette shoppen.

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Manche beobachten das Treiben mit Gelassenheit.

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Andere bringen sich in Pose. Baku.

Nach Baku wurde es wärmer, ja heisser! Bei Temperaturen knapp unter 50 Grad verliessen wir die Stadt im dichten Verkehr. Bei dieser Hitze lockten unnatürlich steile Schotterstrassen und grosse Umwege wenig. Wir entschieden uns stattdessen für Asphalt, mit der Aussicht auf regelmässige Abkühlung im Schatten – oder aus Gefriertruhen.

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Dieser Wirt serviert uns spannende Geschichten und heissen Tee.

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Ein Abschiedsgeschenk: Hausgemachtes Rosenwasser – man lasse sich nicht von der Flasche täuschen – gehört in Aserbaidschan in den Tee.

Die Tage flogen auf Pannenstreifen von Autobahnen und Überlandstrassen vorbei. Morgens krochen wir jeweils bereits mit stiller Vorfreude auf das Mittagessen aus dem Zelt und nachts heulten uns Schakale in den Schlaf. Trotz des sich wiederholenden Tagesablaufs blieb es dank vielen Begegnungen spannend. Von einem Wachmann lernten wir, wie Knoblauch nachts die Schlangen vom Zelt fernhält. Der Wirt eines Teehauses an der Strasse berichtete, wie er als Gefängniswärter in der Sowjetunion hätte Gefangene erschiessen sollen; darauf sei er geflüchtet. Und ein weiterer Wirt beschenkte uns zum Abschied mit einer (grossen) Flasche Rosenwasser für unseren Tee (in Azerbaijan eine Delikatesse), und – damit kein Hunger aufkommen konnte – steckten uns Brot backende Frauen dampfendes, ofenfrisches Fladenbrot sowie Passanten Früchte zu.

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Brot wird hier noch mit Stil geliefert …

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… oder an Ort und Stelle im heissen Ofen zubereitet.

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Die Bäckerin in ihrer Werkstatt.

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Während im Alltag die traditionelle Kleidung längst verschwunden scheint, finden wir auf Häusern und Mauern Bilder davon.

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Entlang dem ehemaligen Verlauf der Seidenstrasse fahren wir durch Aserbaidschan. Heute findet sich hier definitiv mehr Strasse als Seide.

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Natürlich statten wir im Städtchen Seki (Səki) der ehemaligen Karawanserei einen Besuch ab. Kamele gab es dort keine mehr…

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… dafür Touristen.

Unsere Zeit in Aserbaidschan war kurz, die Tage lang, die Strassen geteert – wir haben sie genossen.

2 Kommentare zu “Aserbaidschan | ‚Azerbaijan Baku‘

  1. Eure Erfahrungen und Begegnungen mit der einheimischen Bevölkerung stehen im krassen Gegensatz zu dem, was in unserem Land in den Medien berichtet wird. Immer wieder wird von Globetrottern (ob per Rad oder zu Fuß) über die nette und zuvorkommende Art berichtet, mit der sie begrüßt und versorgt werden. Ja, es gibt sie, die wirklich netten und lieben Menschen…nur hier sind sie rar!
    Habt Dank für Euren Bericht und weiterhin gute Reise mit vielen und tollen Erfahrungen…

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