Kolumbiens Süden | zum Trampolin des Todes

978 Kilometer

18 RadtageTage / 33 „Ruhetage“

einige Höhenmeter

1 Reifenpanne & 1 Sturz durch Hundeattacke

Route: Bogotá – la Mesa – Anapoima – Girardot – Natagaima – Desierto de Tatacoa – Neiva – Gigante – Timaná – Pitalito – San Agustin – Bruselas – Mocoa – Sibundoy – el Encano – Pasto – San Juan – Ipiales (Grenze Ecuador)

Endlich angekommen! Bogotá! Bevor wir uns aber dem süssen Nichtstun widmen konnten, waren wir unseren „Lasttieren“ eine Runde Wellness schuldig. Im Radsportbegeisterten Bogotá Radgeschäfte zu finden war einfach. Die meisten davon verkaufen nicht nur Räder, sondern produzieren auch die Rahmen selber. Der Kunde wählt die „Marke“ seines neuen Rades anschliessend selbst, in Form der entsprechenden Marken-Aufkleber. Also jede Menge mehr oder weniger spezialisierte Fachgeschäfte zur Auswahl. Bloss, welchem wollten wir unsere beiden treuen Begleiter anvertrauen? Schliesslich entschieden wir uns in bester Hoffnung für die professionell daherkommende lokale „Specialized“-Vertretung. Die nötigen Ersatzteile durften wir allerdings selbst besorgen, was zwei Tage in Anspruch nahm und nur teilweise von Erfolg gekrönt war. Schliesslich durften wir aber zwei frisch gewartete, geschmierte und polierte Räder entgegennehmen! Wie neu!…also gönnten wir ihnen erst einmal Ruhe, wenigstens bis zum nächsten Sonntag. Denn Sonntags ist in Bogotá jeweils „Ciclovia“ angesagt und die Septima, eine Hauptverkehrsader der Stadt, und einige andere Strassen werden für den Verkehr gesperrt. Und dann wird Rad gefahren! Alt, jung, dick, dünn, Mann, Frau, Kind, Hund, alle tummeln sich in sportlicher Freude und entsprechenden Outfits auf den gesperrten Strassen – Rowdytum pur! So chaotisch, dass es uns das Fürchten lernte und wir beteten, den Tag ohne Unfall zu überstehen. Was uns gelang. Die restlichen Tage machten dann aber Radfahrpause, schlugen uns gekonnt die Bäuche voll und schauten uns die Stadt an.

Ciclovia

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Bogotá

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Nach zwei Wochen Stadtleben wurden unsere Räder langsam unruhig und konnten kaum noch ruhig stehen. Also nahmen wir nach zwei schönen Wochen Abschied von Bogotá. Vor uns lagen gut 550 Kilometer bis nach San Agustin, unserem nächsten Etappenziel auf dem Weg nach Ecuador. Nach einem anfänglichen Aufstieg ging es von 2600 Metern über Meer rasant abwärts, hinunter auf knapp 400 Meter. Nach zwei Tagen Fahrt durch ländliche Gebiete erreichten wir die Provinzhauptstadt Girardot. Bereits auf der Einfallstrasse in die Stadt warnten uns Passanten auf Rädern und Motorrollern vor Ladrones, Dieben. Wir nahmen uns entsprechend in Acht und verdrückten am nächsten Morgen vor dem Verlassen der Stadt unsere zuvor gekauften Brötchen aus genau diesem Grund bei einer Tankstelle – in Sicherheit, sozusagen. Als wir dann weiterfahren wollten fragte uns der Tankwart verdutzt, ob wir nicht die Polizeistreife abwarten wollten. Dies taten wir brav. Die Streife, ein Lastwagen (!) voller Polizisten und ein Polizei-Pickup, kam kurz darauf. Die nächsten zehn Kilometer seine für uns zu gefährlich. Kurzerhand wurden unsere Räder auf den Pickup geladen (warum nicht auf den Lastwagen?). Darauf wurden wir von zwei freundlichen jungen Polizisten aus der Stadt hinaus chauffierte! …nicht aber, ohne Zwischenstopp bei einem Restaurant einzulegen, wo man uns je einen Bissen der örtlichen Spezialität „Lechona“ (gefüllte Sau, köstlich!) probieren liess. Service pur!

„Sicherheits-Shuttle“

P1000195_640x480 Als nächstes stand ein Abstecher durch die Tatacoawüste bevor. Einer trockenen Wüstenähnlichen Landschaft, deren Durchquerung stellte sich als holprige-heisse, mit viel Staub gewürzte Angelegenheit heraus. War eigentlich zu erwarten! Bizarrerweise musste, um zur Wüste zu gelangen wieder einmal der Rio Magdalena überquert werden. Auch diesmal per Kanu.

Und wieder über den Rio Magdalena

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Desierto de Tatacoa – brütende Hitze

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Nach etwa 350 Kilometern kamen wir ins Gebiet des Departements Huila und damit in die „zona roja“, die rote Zone, potentielles Guerillagebiet. Wir waren uns dessen bewusst und wurden auch unterwegs immer wieder darauf aufmerksam gemacht und uns wurde von Nachtfahrten, wildem Campen und Abstechern in ländliche, abgelegene Gebiete abgeraten. Auch erkundigten eir uns jeweils an den regelmässigen Polizei- und Militärcheckpoints nach der Situation und Sicherheitslage und bekamen immer die gleiche Antwort: Alles tranquilo, fahrt weiter. War dies so oder eher Eunschdenken? Derselben Meinung waren allerdings auch die Leute mit denen wir sprachen. So gingen wir davon aus und hofften, dass dem tatsächlich so war.

Aussicht auf den Rio Magdalena

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Stau – ungeduldiges Warten

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Wer sitzt denn da am Strassenrand?

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Wir blieben also auf der Hauptstrasse, radelten lange tendenziell steigende Tage und campten in Orten wie Gigante und Timaná bei den Bomberos, der Feuerwehr. Hier wurde uns auch erklärt, dass dies zu ihrem Service gehören würde und wir ruhig eine Woche bleiben können. Taten wir nicht, aber danke trotzdem!

Bombero-Camping in Gigante

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Bombero-Camping in Timaná

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San Agustin lag dann bereits wieder auf 1700 Höhenmetern und ist bekannt für seine antiken Steinskulpturen. Diese haben leider alle ein chinesisch anmutendes Dächlein über den Köpfen bekommen. Hält den Regen aber auch die Idylle ab.

San Agustin: Dorf und Skulpturen

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In San Agustin hatten wir uns auch mit einem Bekannten von zuhause verabredet. Roman aus dem Appenzell war per Schiff von Europa über die Karibik nach Venezuela gekommen und war seither mit dem Rucksack unterwegs. Wir hatten eine gute Zeit zusammen, tauschten Erfahrungen aus und campierten eine Woch in mehr oder weniger strömendem Regen. Und natürlich schlugen wir uns auch hier die Bäuche voll.

fantastische Landschaft um San Agustin

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Der nächste Etappe sahen wir etwas unruhig entgegen. So war ein Freund wenige Wochen zuvor auf dieser relativ abgelegenen Strecke von der Polizei vor Guerilla und Revolverhelden gewarnt worden. Wir hatten jedoch während den Zwei Tagen, welche wir für die relativ abgelegene Strecke benötigten keinerlei Probleme und keine Warnungen Seitens der Polizei auf Nachfrage betreffend Sicherheit. Die freundlichen, ihr Material reinigenden Soldaten einer mit Schützenpanzern bewaffneten Einheit des Militärs am Strassenrand mitten im Wald fragten wir lieber nicht. Wir hatten sowieso keine Wahl. Stattdessen suchten wir uns kurz darauf einen ruhigen, von der Strasse nicht einsehbaren Campingplatz für die Nacht hinter der Dorfschule. Das „Dorf“ bestand aus drei Häusern, die Schule mitgerechnet.

   Wie zuhause…

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…aber mit Problemen die wir nicht kennen: Aufruf zur Waffenniederlegung an die FARC.

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Schulhof-Camping

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Abfahrt im Nebel

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Bei Nieselregen und Nebel erreichten wir am zweiten Tag Mocoa (500MüM), am Rande des Amazonas. Unsere neunzig Tage Aufenthalt in Kolumbien neigten sich dem Ende. Bis zur ecuadorianischen Grenze lagen aber noch über zweihundertdreissig, alles andere als flache Kilometer und einige tausend Höhenmeter vor uns. Die Zeit drängte, langsam aber sicher! „Trampolín de la muerte“ (Trampolin des Todes), hiess die Strasse, die uns bevorstand – achzig Kilometer atemberaubend schöne, neblige Bergwälder. Ungeteert, steil, einspurig, teils instabil und sehr exponiert blieb hier Fahrzeugen berüchtigterweise wenig Platz zum kreuzen. Nach einigen Aufwärmkilometern wand sich die Strasse über zwanzig Kilometer in endlosen Serpentinen von 500 MüM eine steile, dschunglige und atemberaubende Bergflanke bis zur Passhöhe in den Wolken auf 2200 m hoch, bloss um dann wieder auf gut 1700m abzufallen. Diese sollten wir am ersten Tag jedoch weder sehen noch erreichen!

Hoch geht’s…

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Blick auf Mocoa…wären da nicht die Wolken

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Gegen vier Uhr nachmittags, nur drei Kilometer vor der Passhöhe und immer noch mit Blick auf Mocoa, nahmen wir das Angebot eines Kioskbesitzers, direkt neben einem festungsartigen Polizeicheckpoint in seinem Schuppen zu zelten, dankend an. Nach einem frühen Start erreichten wir am nächsten Morgen nach kurzem Aufstieg die Passhöhe, gefolgt von einer holprigen Abfahrt von rund fünfhundert Höhenmetern – herrlich! Wir genossen es und machten jede Menge Fotos – was uns aber schnell vergehen sollte. Für den Rest des Tages stieg die Strasse über dreissig, endlos gewundene und landschaftlich einzigartige Kilometer kontinuierlich bis auf 2600 MüM hoch. Die abschliessende Abfahrt ins auf 2000MüM gelegene Städtchen Sibundoy, welches wir kurz vor Sonnenuntergang erreichten, war danach reinste Entspannung.

Nachtlager: Kiosk beim Checkpoint

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Trampolín de la Muerte, Teil zwei

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Mit nur zwei verbleibenden Visum-Tagen kamen wir in Sibundoy an, wo uns die Familie Aguillon Chindoy mit offenen Aürmen empfing und gleich dazu überredete, doch anstatt in „europäischer Eile“ zur Grenze zu rasen, lieber am nächsten Tag mit dem Bus in die naheliegende (eineinhalb Stunden pro Weg) Departementshauptstadt Pasto zu fahren und unser Visum zu verlängern. So könnten wir länger bei ihnen bleiben und mehr von ihrer Kultur sehen – was wir auch taten, wir blieben eine Woche! Die Familie Aguillon Chindoy um Vater Benjamin und Mutter Rosario nehmen gerne Radreisende auf. Sie gehören, obwohl sie sich relativ „westlich“ kleiden, der Indio-Kultur der „Kamentsa“ an und leben dieses Erbe sehr bewusst. Sie sprechen (neben Spanisch) eine eigene Sprache, Kamentsa, welche keinerlei Verbindungen zu anderen indigenen Sprachen Südamerikas aufweist – die einzige Ähnlichkeit besteht mit „Bahasa Indonesia“, der Sprache Indonesiens. Sie liessen uns und Matt (ein englischer Radtourero, der einen Tag nach uns „eingefahren“ war) eine Woche lang an ihrem Alltag und ihrer Lebensfreude teilhaben.

Familie Aguillon Chindoy

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Mutter Rosario

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Eines Morgens nahm uns etwa Jacobo, einer der Söhne, mit auf die Finca (Bauernhof), um uns (wenig erfolgreich) das Melken der Kühe beizubringen.

Melken mit Jacobo, Matt und Hund Falcon

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Zum krönenden Abschluss unseres Aufenthalts kauften wir für alle Cuy – eine hier teure Spezialität. Bei deren Zubereitzung der drei kleinen Nager durften wir natürlich mit Hand anlegen. Für die Aguillons ein Spass, für uns etwas aussergewöhnliches. Erst wurden sie im Schuppen hinter dem Haus getötet, ins heisse Wasser getaucht und dann Büschel um Büschel „gerupft“. Tags darauf wurde dann im Hof der Grill aufgestellt und nach einer Stunde auf dem Grill waren die kleinen, mittlerweile goldbraunen Kreaturen bereit und wurden im Kreise der Familie verzehrt, wobei die Köpfchen dem Familienoberhaupt zustanden. Dann war es auch schon an der Zeit weiter zu ziehen und der Abschied fiel schwer.

Cuyes…

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…alle helfen mit!

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Für die 1 1/2 Stunden-Busstrecke nach Pasto benötigten wir zwei Tage und kamen mehr oder weniger krank dort an. Meerschweinchen lassen sich wohl nicht einfach so verzehren – die Rache der Cuyes mussten wir nun ausbaden! Von Pasto erreichten wir in zwei Bergetappen (2000 Höhenmeter, 90 km) die Grenze zu Ecuador bei Ipiales, einer lebendigen Grenzstadt.

Unterwegs nach Pasto

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Immer wieder im Mittelpunkt!

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Shopping am Straßenrand – Früchte, die es gar nicht gibt!

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Nach über drei Monaten und 2610 gefahrenen Kilometern in Kolumbien war es an der Zeit, ein neues Land heimzusuchen.
Adios Colombia!

Galerie mit obigen Fotos und mehr!

Kolumbiens Norden | Karibik und Berge

1636 Kilometer / 49 Tage / tausende Höhenmeter

1 Reifenpanne, 1 Sturz

Route: Turbo – Necocli – San Juan de Uraba – Monteria – Lorica – Tolú – Maria Labaja – Arjona – Cartagena – Arjona – San Juan Nepomuceno – El Carmen de Bolivar – El Piñal – Magangue – Mompox – El Banco – El Burro – Pelaya – Aguachica – San Alberto – Bucaramanga – Gíron – Zapatoca – Barichara – San Gil – Olival – Puente Nacional – Chiquinquira – Ubaté – Suesca – Guatavita – Calera – Bogotá

Turbo war hektisch, was bei dem Namen zu erwarten war. Schon die Ankunft am schmalen, völlig überfüllten hölzernen Pier vermittelte diesen Eindruck. Turbo war Afrika – und wir liebten es! Die kolumbianische Hafenstatt (mit schlechtem Ruf) war voller Energie und Leben und auch die überwiegend schwarze Bevölkerung passte bestens ins Bild. Wir kamen, sahen und blieben gleich für drei Tage. Zwar waren wir die ersten Nächte noch von heftigem Seegang geplagt, doch genossen wir es, endlich wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Jetzt waren wir unseren Rädern eine ordentliche Wäsche schuldig. Immerhin hatten sie neun Tage auf Deck den Wellen trotzen müssen und waren (obwohl wir sie vor der Überfahrt von Kopf bis Fuss mit WD40 eingesprüht hatten) salziger als manche Salzstange. Dafür stellte uns Jhon, der Hotelbesitzer, auch gleich Schlauch, Kübel, Lappen und Waschmittel zur Verfügung und so glänzten sie bald wie schon lange nicht mehr!

Turbo

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Dann galt es, unsere Route zu planen. Angesichts der Grösse Kolumbiens (so gross wie ganz Zentralamerika) kein einfaches, geschweige denn motivierendes Unterfangen. Wohin des Weges? Wo sollten wir hinfahren? Am liebsten, obwohl ein riesiger Umweg, erst nördlich entlang der Karibikküste nach Cartagena…wo wir ja schon längst sein sollten. Auf Nachfrage bei der Polizei (und, um sicher zu gehen, gleich auch noch beim Zoll und beim gut informierten Jhon) erfuhren wir, dass diese (von Guerillia-Aktivitäten geplagte) Strecke dank erhöhter Polizeipräsenz um Weihnachten momentan sicher sei. Diese war dann manchmal auch wirklich auffallend gross, dann wieder inexistent. Auf Nachfrage bei Bevölkerung (und Polizei) wurde uns aber immer versichert, dass alles ‚tranquilo‘ sei. Gut zu wissen.

So fuhren wir dann eines Morgens aus Turbo hinaus, dem 450 Km entfernten Cartagena entgegen. Wie schön war es, wieder auf dem Rad zu sitzen! Wir genossen das erneute Gefühl der Freiheit und den festen Boden und radelten munter durch Kolumbiens tropische Natur. Von Asphalt, holprigen Naturstrassen, endlose, schattige Alleen über staubige, rollende Hügel, Kolumbien bot uns bereits in dieser ersten Woche einiges an Abwechslung. Dazwischen nächtigten wir in Badeorten für kolumbianische Touristen, Tankstellenhotels für Trucker entlang der Strasse, grossen und kleinen Städten und erweiterten täglich unseren Horizont darin, was man in Kolumbien wo und vorallem, wie es heisst.

am Golf von Urabá

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Haben die Kolumbianer eine eigene Sprache?! Warum verstanden wir die Leute nicht mehr, obwohl wir uns in Zentralamerika wunderbar mit allen hatten unterhalten können? …uns kam dies spanisch vor, oder eben nicht! Wir waren dann aber beruhigt zu erfahren, dass die ‚Costeños‘ (Bewohner der Küstenregion) auch für andere Kolumbianer nur schwer verständlich sprechen, vom vorwärtsspul-mässigen Tempo ganz zu schweigen. Also plapperten wir trotzdem mit allen und gaben unser Bestes, möglichst viel davon zu verstehen. Oft mit Erfolg.

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Monteria, Stadtgewühl

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Lorica

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Sieben Tage nach unserer Abfahrt aus Turbo erreichten wir Cartagena. Weder die See noch die Tücken eines alternden Segelbootes (mit skurrilem Kapitän) hatten uns daran hindern können – und auch keine aufmüpfigen Darmbakterien. Die Austreibung letzterer nahm ‚Chucho‘ (ein energetischer Hotelbesitzer in Tolú) mit einem interessanten Mix aus Coca Cola, Alka Seltzer, Aspirin und Limonen vor – mit Erfolg! Ein letztes Mal bäumte sich unser Schicksal auf und versuchte uns mit einem Platten wenige Kilometer vor Cartagena doch noch aufzuhalten, vergebens! Während des Reifenflickens kam ein junger Mann auf einem Motorroller angedüst und händigte uns ohne grosse Worte zwei Flaschen Coca Cola aus. So motiviert erreichten wir die Stadt dann mit Links, wenn auch extrem verschwitzt, was uns aber vielleicht einen Vorteil im rauhen Stadtverkehr verschaffte.

Verkehrsgewühl vor Cartagena

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In Cartagena gönnten wir uns zehn Tage touristisches (fast-)Nichtstun, erholten uns nochmals von der Überfahrt und gaben unseren Beinen Zeit sich zu erholen. Wir genossen die schöne, mit einheimischen Weihnachtstouristen geradezu überlaufene Stadt mit ihrem kolonialen Zentrum, schlichen durch die weihnachtlich (kitschig) dekorierten Strassen und genossen das emsige Treiben auf den Plätzen und schlürften tagsüber ‚Tinto‘ (Kaffee) am Stassenrand und abends Bier in den Parks der Stadt.

Cartagena

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Gut ins neue Jahr gerutscht, waren wir anfangs Januar bereit, uns wieder den endlosen Strassenkilometern Kolumbiens zu stellen. Wir beschlossen, Kolumbiens Norden mehr oder weniger diagonal zu durchqueren, Cartagena-Bogotá, sozusagen. Dies führte uns, wie auch schon unsere erste Kolumbienetappe, durch Regionen, an deren Durchquerung noch vor wenigen Jahren nicht zu denken gewesen wäre. Bereits nach zwei Tagen und knapp 200 Kilometern liessen wir den Nord-Süd-Schwerverkehr hinter uns und bogen ins Landesinnere ab. Per „Fähre“ (sprich grosses Kanu mit Motor) überquerten wir den Rio Magdalena, worauf am andern Ufer von Asphalt plötzlich nicht mehr viel zu sehen war. Wir holperten die nächsten vierzig Kilometer über Schotterpisten – stellenweise so tief, dass wir in der Wiese neben der Strasse fahren mussten – bevor wir die malerische (und von einheimischen Touristen auch völlig überlaufene) Kolonialstadt Mompox erreichten.

Radverlad bei Magangue

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Mompox und der Weg dorthin

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Aber die nächsten Tage sollten nicht weniger holprig werden und dank einem gesunden Mischung aus Schotter, Schlaglöchern, freundlichen Leuten, einer weiteren unverhoften Flussüberquerung und jeder Menge Sand war für Abwechslung gesorgt. Letzterer sorgte in Kombination mit grossen Lastwagen immer wieder für plötzliche Sandsturm-Verhältnisse.

Weiterreise aus Mompox

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Nochmals eine „Fähre“…

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…und sonst Schotter und Sand.

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Schon bald türmten sich die Anden am Horizont. Deren hügeligen Ausläufern folgten wir noch ein paar Tage, bevor es dann ernst galt. Um der Hitz ein Schnippchen zu schlagen starten wir bereits um halb sechs zu unserer ersten Andenetappe – und sollten unser, zugegebenermassen etwas hoch gestecktes Ziel, Bucaramanga, erst kurz vor Sonnenuntergang erreichen. Steigungen und Abfahrten wechselten sich munter ab. Kurz vor der dritten Passhöhe sorgte ein Stau, an dem wir uns hechelnd vorbeikämpften, zu Tour-de-France-ähnlichen Szenen, mit Anfeuern und Wasserbeutel reichen.

entlang den Anden

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…und dann ging es aufwärts

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Nach etwa elf Stunden trennte uns noch ein letzter Aufstieg von vier Kilometern von der Stadt. Dieser führte uns leider durch die „unschöneren“ Vororte der Stadt. Menschen starrten und die Polizei trug plötzlich Stahlhelme und Schutzwesten – keine guten Vorzeichen. Wir hatten keine Wahl und begannen mit dem Aufstieg. Schon nach wenigen Minuten wurden wir von einem Kleinlaster verfolgt. Er blieb immer dicht hinter uns und sorgte damit gleich noch für einen ordentlichen Stau. Ziemlich genervt hielten wir an um ihn zur Rede zu stellen. Der gute Mann erklärte uns, dass wir ohne seine Begleitung nicht oben ankommen würden, oder wenigstens nicht mit Rädern und Geld. Er würde uns bis in sicherere Gegenden begleiten würde….also wieder Tour de France, diesmal mit Begleitfahrzeug! Irgendwann kamen wir aber heil (und völlig erschöpft) oben an, bedankten unserem Beschützer und fanden ein Hotel im, wie sich später herausstellen sollte, Rotlichtviertel. 12 1/2 Stunden, 100 Kilometer und über 2000 Höhenmeter – wir hatten uns etwas übernommen. Dafür erholten wir uns dann zwei Tage im nahen, ruhigen Giron.

Bucaramanga

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Gíron

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Doch die Berge hatten erst begonnen und Bogotá war noch hunderte Kilometer entfernt. Um dem Verkehr ausweichen zu können, suchten wir uns auf der Karte eine ruhigere Route. Diese sah auf dem Papier nicht ganz so steil aus – ein gewaltiger Trugschluss, der uns jedoch durch eine atemberaubende Berglandschaft führte. Bevor wir nämlich den bescheidenen Aufstieg von gut 900 auf 1700 MüM in Angriff nehmen konnten, kam uns noch ein gewaltiger Cañon in die Quere.

Aufstieg nach Zapatoca

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Also zuerst Abfahrt bis auf etwa 400 MüM, nur um dann an der „Wand“ gegenüber alles wieder hochzukämpfen – und zwar teils so steil und heiss (keine schöne Kombination!), dass es im Aufstieg wieder einmal Zeit für eine Stunde Koma-Schlafen in unserem Notbiwak am Strassenrand (sprich: Strassengraben) wurde. Wieder wurde es schon fast dunkel als wir unser Ziel erreichten. Das malerische, abgelegene Zapatoca entschädigte uns aber für die Strapazen.

Zapatoca

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Schlafzimmerblick auf den Dorfplatz

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Aus Zapatoca ging es dann über Feld- und Waldwege weiter nach Barichara, hinauf und hinab, an Viehweiden entlang und durch rauschende Wälder hinauf nach Barichara, wo jeder der in Kolumbien etwas sein möchte – und vorallem Geld hat – ein Anwesen zu besitzen scheint. Kolonialer Flair, eine wahnsinns Aussicht und geröstete Ameisen, welch eine Kombination.

und weiter über Stock und Stein

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Wir waren noch etwa 350 Kilometer von Bogotá entfernt. Begleitet von Schwerverkehr treteten wir die nächsten Tage über die niemals flache „Hochebene“ (2600 MüM).Zwischen Städtchen wie Socorro, Chiquinquira, und Ubaté kämpften wir uns Serpentinen hoch, freuten uns über Abfahrten, pausierten auf Dorfplätzen und nächtigten oft in Zimmern bei Tankstellen. 150 Kilometer vor Bogotá wurde der Verkehr deutlich stärker. So suchten wir uns wenn möglich Abkürzungen und Umwege abseits der stark befahrenen Strasse. Zwar waren auf dem Land die Hunde agressiver, doch lassen wir uns von diesen Langweilern nicht mehr einschüchtern. Stattdessen genossen wir die Ruhe und die fantastischen Landschaften – nicht zu vergessen auch den frischen Käse dieser Region. So kamen wir Bogotá in gemütlichem Tempo immer näher.

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Barichara

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…und Dörfer unterwegs

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Glichen teile dieser Hochebene stark an Tibet – und auch deren rotbackige, freundliche Bewohner – so erinnerten die letzten 50 Kilometer vor Bogotá dann plötzlich an eine Landschaft, die man in der Schweiz hätte finden können…inklusive Scharen von Rennradfahrern. Auffälliger Weise hatten diese fast immer ein Begleitfahrzeug im Schlepptau – sicher ein riesiges Freiheitsgefühl. Schliesslich musste noch ein letzter Aufstieg überwunden werden und dann lag das Endlose Häusermeer von Bogotá vor uns. Wir waren da!

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…oder wenigstens fast. Denn in der letzten Abfahrt in die Stadt hinunter rutschte Robin auf einer nassen Strassenmarkierung das Vorderrad weg, was einen Abstieg à la Rolle vorwärts nach sich zog. Und auch die Crocs nahmen sich einen Moment frei und übten das Fliegen. Den stehenden Gegenverkehr dürfte es gut unterhalten haben. Glücklicherweise war unsere Spur gerade einen Moment verkehrsfrei und so ging das Ganze mit einem Schrecken und Prellungen aus….die anschliessende Fahrt durch Bogotá fühlte sich dann allerdings nicht mehr ganz so triumphal wie es hätte sein sollen. Wir suchten und fanden eine Bleibe im historischen (touristischen) Zentrum „la Candelaria“ und versprachen unseren Beinen zwei wohlverdiente Ruhewochen.

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Und hier die Gallerie mit diesen und anderen Bildern:

Caribbean Odyssey | von Panama nach Kolumbien

Seemeilen: ~100 / 8 Tage

Schiff: „Nixwiweg“ (BEL)
Kapitän: Alain (BEL)
Passagiere: Fabian (CH), Ian (CAN), Struan (CAN), Daina (FL), Robin (FL)
Fracht: 2 Motorräder, 2 Fahrräder

Motorpannen: 2
verlorene Rettungsinsel: 1
Schwimmwesten an Bord: 1

Route: Portobelo (Panama) – Turtle Cay Marina (Panama) – San Blas Inseln (Panama) – Sapzurro (Kolumbien) – Capurganá (Kolumbien) – Turbo (Kolumbien)

Die Panamericana zieht sich zwar von Alaska bis Feuerland, ist aber nicht lückenlos. So fehlen zwischen Panama und Kolumbien um damit zwischen Zentral- und Südamerika achzig Kilometer Strasse, das sogenannte „Darien Gap“. Achzig Kilometer Dschungel, in dessen Schutz sich Leute bewegen, denen man weder bei Tag noch bei Nacht begegnen möchte. So bleiben die See und die Luft die einzigen Verbindung zwischen Zental- und Südamerika.

Daher suchten wir in Portbelo ein Schiff, um von Panama nach Kolumbien zu gelangen und fanden bereits am zweiten Tag einen belgischen Kapitän, welcher noch Passagiere für die fünftägige Überfahrt mit seinem Segelschiff suchte. Dass Kapitän Alain im Gegensatz zu professionellen, organisierten Alternativen ein kauziger aber sehr sympatischer Seebär war, gefiel uns. Auch empfahl er seine Kochkünste. Wir entschieden uns, mit ihm und drei weiteren Reisenden (Fabian aus der Schweiz und den beiden Motorradfahrern Struan und Ian aus Canada) die Reise anzutreten. Die Abfahrt war für den nächsten Tag, Donnerstag den 5. Dezember 2013, vorgesehen.

Portobelo

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Warten im Cafe Vela – der Seglertreffpunkt in Portobelo

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Aber so schnell kamen wir aus Portobelo nicht weg. Nach einigen bürokratischen Problemen mit den Leuten vom Zoll verzögerte sich die Abfahrt um einem weitere Tag. Dann, am Freitagabend nach einem Znacht aus dermassen gekochtem Hühnchen, dass er am besten mit dem Wort „Gummiadler“ umschrieben werden konnte (beissen zwecklos!), legten wir schliesslich gegen Mitternacht ab…so viel zu den Kochkünsten und einem gelungenen Start.

Poulet hacken vor der Abfahrt

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Unser Kapitän – normalerweise etwas fröhlicher

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Da der Wind auf dieser Reise gegen uns sein würde, ratterten wir die ganze Nacht vom Motor getrieben ostwärts. Spätestens jetzt erfuhren wir, wie sich starker Wellengang in einer Segel-Nussschale anfühlt und wir wurden in unserer Kabine (wir bekam die des Kapitäns, mit Doppelbett, Luxus!) durchgeschüttelt und umhergeschleudert. Daina wurde auf der Stelle seekrank und musste leiden! Doch irgendwann wurde es hell ….und plötzlich verstummte der Motor. Hmm, muss wohl so sein, dachten wir, wurden aber eines besseren belehrt. Musste nämlich keineswegs so sein. Dass auf der „Nixwiweg“ (so hiess das gute Schiff) nix angemacht war und immer wieder die halbe Kücheneinrichtung (von Passagieren und Kapitän nicht zu sprechen) durch die Gegend flog, entschärfte die Situation auch nicht. So fühlte es sich also an, den Wellen ausgeliefert zu sein!

Unser seekranker canadischer Reisegefährte

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Aber ein Segelboot hat ja Segel! Also setzten wir diese und segelten in den, „nur“ etwa zwei Stunden entfernten, nächsten Hafen zurück. Dessen bedrohliche Einfahrt, zwischen brechenden Wellen, hindurch meisterte Alain, mit etwas Hilfe beim Segel setzen und Winden drehen, gekonnt. Ernüchternd stellten wir fest, dass wir in der Nacht nur knapp 30 Kilometer zurückgelegt hatten.

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In der schönen „Turtle Cay Marina“ teilte man uns einen Platz zu und dann begann für unseren Kapitän die Suche nach dem Problem und für uns eine zweitägige, zugegebenermassen unterhaltsame Wartezeit. Im Hafen lagen eine handvoll Segelboote – oder sollte man Yacht sagen? Die Segler waren ein soziales Volk und man kam schnell ins Gespräch über dies und das, den Wind, die Boote, deren Vorzüge und Nachteile und natürlich die Strapazen des Seglerlebens. Das eigentliche Segeln, so schien es uns, ist nur der Ausgleich zur Hauptaufgabe, dem Reparieren und Instandhalten der Schiffe. Ein strenges Leben ohne Aussicht auf Besserung. Und daran durften auch wir nun teilhaben, nachdem Kapitän Alain dem Problem auf den Grund gegangen war. Hier die Details für die Spezialisten: Der Thermostat war dahin, der Motor hatte überhitzt und dabei mehrere Löcher in den Muffler geschmolzen. Aber kein Problem, der Thermostat liess sich ja ausbauen und die Löcher im Muffler mit Epoxy flicken!

Turtle Cay Marina

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Und so verliessen wir am Morgen des dritten Tages wieder frohen Mutes und mit laufendem Motor die Marina und kamen wenige Stunden später (ungefähr sechs) im Golf von San Blas an. Was wir sahen schien aus einem Bilderbuch zu stammen. Kleine, palmengekrönte Inselchen mitten im Meer. Manche waren mit nur einer Palme gesegnet und andere mit hunderten. Dies war das Gebiet der Kuna, einem Indianervolk, dessen Heimat, die 360+ Inseln im Golf von San Blas, zwar zu Panama gehören, die aber ein grosses Mass an Autonomie geniessen.

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Wir verbrachten die nächsten vier Tage ankernd vor verschiedenen Inseln in San Blas, erforschten schnorchelnd die Riffe und ihre bunten Korallen und Fische rund um die Inselchen, planschten im Wasser herum, lachten, genossen die Sonne auf dem Boot oder kochten.

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Seit den Gummiadler kochten wir meist selbst. Dies sei hervorragend, bemerkte Alain eines Tages lachend. Er habe nur eine Mahlzeit versauen müssen und seither würden wir das Kochen unter uns aufteilen! Er liess es sich dann aber doch nicht nehmen, von den Kunas Hummer und Krabben zu kaufen und diese erstklassig zuzubereiten.

Hummer und Krabben von den Kuna

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Natürlich musste auch einige Arbeit an den, von Alain optimistischen gekauften14 Flaschen „Ron Abuelo“ geleistet werden. Apéritif, wie Alain es nannte.

Doch gegen Abend des vierten Tages karibischer Inselstimmung schien uns der Wind plötzlich gütiger gesinnt. Etwas unter Zeitdruck, da Fabians Rückflug in die Schweiz anstand, beschloss unser Kapitän kurzerhand, die Überfahrt nach Kolumbien anzugehen. So wurde gegen sechs Uhr ohne grosse Ankündigung der Anker gelichtet und in See gestochen. Nur zu blöde, dass die anderen drei Mitreisenden gerade dabei waren, einen Eintopf mit Huhn zuzubereiten. Kaum hatten wir den Schutz des Riffes verlassen, warteten auch schon die grossen Wellen auf uns – schon die erste schleuderte alle drei sammt Pfannen, deren Inhalt und drei Litter Öl durchs Boot. Eine riesen Sauerei! Danach war keinem mehr nach Essen zumute und wir legten uns beim Rattern des Motors schlafen – bis dieser kurz vor Mitternacht aussetzte! Wir ahnten nichts Gutes. Doch Alain meinte dies wäre kein Problem, und suchte eine Ersatzpumpe, welche aber nicht aufzufinden war. Aber immer noch kein Problem! Wir würden einfach die Segel setzen, gegen den Wind kreuzen und das Problem am nächsten Morgen bei Tageslicht angehen – in fünf Minuten sei dies repariert. Er legte sich schlafen und wir durften draussen abwechseln, dem Autopilot Gesellschaft leisten und alle zwei Stunden den Kurs wechseln. Schlafen war bei dem Wellengang und der Schieflage des Bootes sowieso ein akrobatisches Unterfangen. Da wir ohne Motor nur auf die Segel angewiesen waren und der Wind wieder gegen uns war, mussten wir um überhaupt vorwärts zu kommen, möglichst hart am Wind segeln. Dieser kam genau dort her, wo wir hin wollten. Das Boot lag daher meist so schief, dass man sich zum schlafen irgendwo festhalten oder mit den Beinen versperren musste um überhaupt auf dem Bett liegen zu bleiben und nicht von jeder zweiten Welle durch die Gegend geschleudert zu werden.

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Als der neue Tag über einem endlos scheinenden, tiefblauen Ozean anbrach, mussten wir feststellen, dass sich die Wellen in der Nacht unsere Rettungsinsel geschnappt hatten. Eine ausgezeichnete Ergänzung zu den fehlenden Schwimmwesten und dem nichtvorhandenen Rettungsring. Zu diesem war aber wenigstens die Ortungslampe noch da, allerdings ohne Batterien. Alles sehr ermunternd! Wir waren also für die anstehende 48-Stunden-Überquerung der wilden Gewässer zwischen Panama und Kolumbien bestens ausgerüstet und uns konnte nichts passieren….ausser, dass wir eher 100 Stunden oder mehr benötigen würden. Keine guten Aussichten. Glücklicherweise sah dies Alain genauso.

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Da sich der Motor auch bei Tageslicht nicht flicken liess wurde eine Kursänderung beschlossen. Anstatt weiterhin ohne Motor, dafür mit Wind und Wellen gegen uns und somit ohne Aussicht auf Erfolg, in die hohe See hinaus zu steuern drehten wir lieber um und wollten den ersten Hafen in Kolumbien, Sapzurro, anlaufen. Kein Problem meinte Alain, laut Computer würden wir dort in 6 Stunden einlaufen – taten wir natürlich nicht. Dank des geänderten Kurses war der Wind etwas weniger gegen uns und wir kamen teils gut vorwärts – will heissen wir segelten mit zügigen 4-5 Knoten (8-9 Km/h) und kamen der Küste näher und näher…

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….bis sich der Wind aus dem Staub machte und uns ohne Antrieb und mitlerweile ziemlich frustriert auf dem Meer sitzen liess. Wir versuchten zwar noch eine alternative Wasserkühlung (per Gartenschlauch) einzubauen, doch scheiterte auch dieser Versuch dem Motor wieder Leben einzuhauchen.

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Damit aber keine Langeweile aufkommen konnte, bahnte sich gegen zehn Uhr Abends auch schon ein dunkles Gewitter am fast schon fluoreszierenden Horizont an! Eine Szene wie aus einem Piratenfilm. Dieses tobte sich die ganze Nacht mal mehr und mal weniger stark um uns herum aus. Alain meinte, dass wir eigentlich froh sein könnten, dass kein hoher Wellengang mehr herrschte, jetzt wo unser Boot ohne Wind und Motor manövrierunfähig war. Dies hat uns sehr beruhigt und wir legten uns irgendwann schlafen.

Das Gewitter klang erst gegen Morgen aus und wir erwachten auf einem nahezu glatten Meer. Wir kamen nicht vom Fleck und konnten es nicht fassen. Nach acht Tagen waren wir immer noch vor der, im Moment für uns jedoch unerreichbaren Küste Panamas – obwohl wir eigentlich schon vor drei Tagen hätten in Cartagena ankommen sollen! Das Wo war aber mittlerweile etwas in den Hintergrund gerückt, viel wichtiger schien uns überhaupt irgendwo Land zu erreichen!

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Wir erwähnten Alain gegenüber den Gedanken, den nächsten Hafen um Hilfe anzurufen. Dies, und vorallem der Preis einer Abschleppaktion (bis zu 2000 USD), gefiel ihm gar nicht! Er stieg aber einmal mehr zum Motor hinunter und versuchte nochmals alles mögliche, um diesen in Gang zu bringen. Aber das Wasser wollte den Motor einfach nicht kühlen und er überhitzte nach kurzer Zeit. So trieben wir weiterhin ziellos umher und funkten sogar einen vorbeifahrendes Handelsschiff an, mit der Bitte uns abzuschleppen. Antwort: „No se puede, no se puede. La ley no permite.“ (geht nicht, das Gesetz verbietet es“). Schliesslich hatte Alain einen Einfall. Er habe ja noch einen Generator mit einer gleichen Wasserpumpe. Eventuell unsere Rettung? Diese wurde also kurzerhand ausgebaut – um festzustellen, dass es nur „fast“ die gleiche Pumpe war.

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Aber Alain bemerkte, dass das Problem im Deckel der defekten Pumpe liegen könnte. Dieser zeigte innen Verschleisserscheinungen, war etwas abgenutzt (und schon mal geflickt!) und es liess sich im Inneren der Pumpe nicht mehr der nötige Druck aufbauen. So wurden die Deckel ausgetauscht und siehe da: Die Pumpe lief, der Motor schnurrte und lief und lief ohne dass die Temperatur anstieg! Wir schienen gerettet, wollten uns aber noch nicht in Sicherheit wiegen und voreilig zu fest freuen. So tuckerten wir langsam aber zunehmend optimistischer auf die Küste zu, welche wir nach zwei Stunden des Hoffens dann auch wirklich erreichten und in die Bucht von Sapzzuro einliefen. Definitif Zeit für einen Apéritif!!

Land in Sicht, schon deutlich optimistischer!

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Zwar waren wir hier in einem Hafen und hatten Kolumbien erreicht, doch hatte die Sache einen Haken. Aus Sapzzuro führte keine Strasse hinaus! Da dieses Dorf im sogenannten Darien liegt und von Dschungel umgeben ist wäre es jedoch auch mit Strasse zu gefährlich gewesen, es auf dem Landweg zu verlassen. Wir packten also unsere Sachen und hievten alles auf ein kleines hölzernes Motorboot, welches uns dann der Küste entlang ins nur wenige Kilometer entfernt gelegene Capurganá brachte. Wir mussten Schwimmwesten anziehen, wenigstens die, für die es eine hatte.

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In Capurganá kletterten wir froh auf den festen Boden des Piers, untersuchten unsere Räder auf transportschäden und rollten dann etwas wackelig zum Zoll, wo wir 90 Tage Aufenthalt erhielten. Wir verabschiedeten uns von Kapitän und den beiden Kanadiern. Diese fuhren zurück aufs Schiff, da erst noch ein Weg gefunden werden musste, um die Motorräder nach Turbo zu transportieren.

Wir suchten uns mit Fabian ein Hotel, wo wir nachts immer wieder durch das starke schwanken des Schiffes erwachten. Dies sollte auch noch in der zweiten Nacht an Land so kommen, denn unsere See-Gehirne brauchten wohl noch etwas Zeit für die Umstellung zurück aufs Festland.

Tags darauf traten wir die Überfahrt nach Turbo an, dem Beginn der Strasse in Kolumbien. Eine Lancha, ein gefährlich schnelles Motorboot, brachte uns, unsere Fahrräder und etwa 30 andere Passagiere in zwei Stunden nach Turbo, dem letzten Hafen unserer Überfahrt. Dafür, dass sich die meisten Einheimischen vor der Abfahrt bekreuzigten und ein Helfer am Pier noch lachend „eine fröhliche Fahrt“ gewünscht hatte, verlief dieser Teil der Reise erstaunlich sanft und planmässig. Wenigstens hier hatten wir Glück und wir erreichten Turbo planmässig im Laufe des Morgens. Endlich hatte diese Odysse ein Ende, wenn auch weit entfernt von Cartagena.

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GALLERIE ZUM BLÄTTERN