Griechenland | Auf Kreta

Statistik

Dezember 2023

19 Tage im Sattel

722 Kilometer

13’070 Höhenmeter

Route Wägiletour Teil 5

ROUTE ‚Wägiletour Teil 5 auf KOMOOT

Inhalt

Auf Kreta — ein würdiger Empfang

Berge und OlivenKreta in der Olivenernte

Wintercamping — Kapellen, Strände, leere Campingplätze

Rad ab! — Anhänger über der Belastungsgrenze

Sicherheitsbedenken — Zweifel & Ungewissheit

Next Stop: Bangkok

Auf Kreta — ein würdiger Empfang

Nach einer Nacht in der Bar der Fähre «F/B El. Venizelos» (schlafend, versteht sich) liefen wir kurz nach Sonnenaufgang im Hafen von Souda bei Chania ein. Kreta empfing uns von seiner schönsten Seite, warm, sonnig und freundlich. Beim Frühstück mit Gebäck und Kaffee gerieten wir im Park vor einer Kirche in Chanias Altstadt auch gleich in eine Militärparade zu Ehren von Ekaterini Sakellaropoulou, der Präsidentin Griechenlands. Diese konnte ihre Freude über unsere Anwesenheit jedoch gut überspielen und verzog keine Miene.

Mehr Freude zeigten die Einheimischen. Überall wurden wir freundlich und neugierig empfangen. Autos hupten, Bauern winkten bei der Olivenernte und wir waren stehts willkommen — und auch hier verliess Nayeli kein Geschäft, ohne etwas Süsses abgesahnt zu haben.

Berge und Oliven — Kreta in der Olivenernte

Kreta war oft steil und selten flach. Um uns bei Laune zu halten lauerte zudem hinter jeder Kurve der nächste Anstieg und auch die wohlverdienten Abfahrten waren mit saftigen Anstiegen gespickt. Wer Berge wollte, hat hier Berge bekommen.

Direkt hinter Chania ging es in die Höhe und hinein in die wilde Landschaft aus Hügeln, Bergen und Olivenbäumen. Wir waren pünktlich zur Olivenernte gekommen, konnten bereits am zweiten Abend in einem Olivenhain campieren und gleich beim Sieben der Oliven und Blätter helfen.

Nach dem Start in Chania, im Norden Kretas, durchquerten wir die Insel von Norden nach Süden. Auf der Suche nach Wärme, Sonne und schönen Routen folgten wir fortan Kretas Südküste ostwärts und waren dabei ob der Vielfalt und wilden Schönheit der Insel immer wieder überwältigt. Mal wähnten wir uns im Oman, komplett mit roten Böden und kargen Hügeln, kurz darauf befuhren wir eine Schotterpiste in den Anden.

Wintercamping — Kapellen, Strände, Campingplätze

Obwohl die meisten Campingplätze auf Kreta im Winter geschlossen waren, mussten wir uns nie sorgen, wo wir abends schlafen würden. Am liebsten waren uns Kapellen. Diese fanden sich überall, waren meist etwas erhöht — Aussicht und Morgensonne (=Wärme)! — auf Hügeln oder oberhalb von Dörfern und daneben liess sich oft bestens unser Zelt aufschlagen.

Aber auch leere Strände und schöne Buchten luden zum campieren ein. Letztere oft komplett mit Duschen, was uns immer wieder den Weg zurück in die Zivilisation eröffnete. Da die Temperaturen auf Meereshöhe oft kühl, meist aber deutlich wärmer als in den Bergen waren, versuchten wir die Nächte möglichst „tief“ zu verbringen.

Rad ab! — Anhänger über der Belastungsgrenze

Bloss wurde die Euphorie schon bald getrübt. Nayelis «Wägile», bekamen die Pisten — und wohl auch alle jene der letzten Monate — nicht gut. Auf einer relativ abgelegenen Wellblechpiste kam der Anhänger schliesslich an seine Grenzen. Mitten in einer steilen Abfahrt brach plötzlich die Steckachse des rechten Rades und das Rad knickte bei voller Fahrt ab und kam unter dem Anhänger zu liegen, welcher nun mitgeschleift wurde. Glücklicherweise gelang es Robin, Rad und Anhänger unfallfrei zum Stillstand zu bringen! Nach den ersten Schrecksekunden und einer Bestandsaufnahme sahen wir uns erst unsere Räder und das angeschlagene Wägile stundenlang die abgelegene Schotterstrasse hochschieben und später im Flieger nach Hause sitzen.

Beides kam aber nicht so. Bereits nach wenigen Minuten kam ein freundlicher griechischer Bauer mit seinem Pick-Up unseres Weges. Schnell waren Räder und Anhänger aufgeladen. Und wieder staunten wir über die griechische Gastfreundschaft. Der gute Mann setzte uns nicht etwa im nächsten Dorf mitten in den Bergen ab. Nein, er fuhr uns gleich in die gut 20 Km entfernt gelegene Kleinstadt Mires und setzte uns direkt vor einem Fahrradladen ab.

Auch hier waren wir in guten Händen! Während uns seine Frau stolz versicherte, dass ihr Mann sehr clever wäre und eine Lösung finden würde, machte dieser genau das. Und so war unser Wägile eine Stunde später auf kreative aber solide Art repariert und wieder fahrtüchtig! Unglaublich, die Griechen.

Sicherheitsbedenken — Zweifel & Ungewissheit

Wir waren nochmals mit dem Schrecken davongekommen, doch sass dieser tief. Um in Punkto Sicherheit nochmals über die Bücher zu gehen fuhren wir zurück nach Agia Gallini, einem kleinen Fischerdorf an der Südküste. Dort quartierten wir uns auf dem leeren Campingplatz ein und während Nayeli sich dort mit einem zurückgelassenen Roller vergnügte, nahmen wir den Anhänger nochmals genau unter die Lupe — mit erschreckendem Ergebnis. Unter anderem waren zwei gut versteckte Bolzen gebrochen. Zwei weitere hatten sich tief in die Rohre des Alurahmens gefressen. Dadurch hatten sie immer mehr Spiel bekommen und ein Bruch des Rahmens war nur eine Frage der Zeit.

Wir mussten uns eingestehen, dass a) beinahe vier Jahre Dauerbetrieb (im Sommer auf Rädern, im Winter auf Ski) nun ihren Zoll forderten und b), dass Thule diese Anhänger vielleicht doch nicht für den Einsatz auf solch groben Pfaden und Pisten konstruiert hatte.

Nach einigen ersetzten Bolzen war der Anhänger wieder fahrtüchtig. Wie lange noch, dies doch wollten wir nicht zwingend herausfinden. Von nun an blieben wir (meist) auf geteerten Strassen, hörten aber jedes Knacken im Gebälk. Unsere Gedanken drehten sich weiterhin Tag und Nacht um den Anhänger und die Fortsetzung der Reise.

Längerfristig musste ein neuer Anhänger her! Nach einigem Hin und Her entschlossen wir uns, auf ein anderes Anhängermodell, den gefederten «Singletrailer II» der Freiburger Firma „Tout Terrain“, umzusteigen. Im Gegensatz zu den Anhängern von Thule wird dessen Deichsel aber an der Sattelstange befestigt, wodurch Robin seine geliebte Satteltasche nicht mehr verwenden kann und auf zwei «Micro Panniers» (Seitentaschen) umsteigen muss.

Und dann war da aber noch die Logistik. Um alles einzufädeln und zu planen nisteten wir uns kurz vor Weihnachten auf einem weiteren Campingplatz, diesmal bei bei Ierapetra im Südosten, ein. Dort feierten wir dann gleich auch Weihnachten unterm Olivenbaum.

Next Stop: Bangkok

Mit dem Winter vor der Türe und der ungemütlichen Situation im nahen Osten im Hinterkopf durchforsteten wir unsere Optionen für die Weiterreise. Schliesslich fiel unsere Wahl auf Südostasien. Thailand, bereits beim Gedanken an goldene Buddhas, wohlige Wärme und duftende Spiesschen am Strassenrand gerieten wir ins Träumen. Die Aussicht darauf, von dort weiter durch Myanmar, Laos, Vietnam und China zu reisen besiegelte unseren Entschluss. Zwar hatten wir jedes dieser Länder schon mindestens einmal besucht, jedoch nie in den Sätteln unserer Räder.

Schnell waren Flüge gebucht und der Plan gefasst: Robins Mama würde uns den neuen Anhänger direkt nach Bangkok liefern. Eine Win-win-Situation in jeder Hinsicht. Nachdem dieser Entschluss gefasst war, konnten wir Kreta mit all seiner wilden Schönheit wieder in vollen Zügen, wenn auch mit leicht angezogener „Handbremse“, geniessen!

Entgegen unseren ursprünglichen Plänen, von Kreta via Rhodos in die Türkei zu fahren, bestiegen wir am Abend des 2. Januar 2024 die Fähre von Heraklion auf Kreta zurück nach Athen. Von dort flogen wir am 5. Januar mit einem Lächeln im Gesicht ins Land des Lächelns.

Yassu Kreta, efcharistó!

Griechenland | Berge, Klöster und Kaffee

  • November 2023
  • 24 Tage im Sattel
  • 1’142 Kilometer
  • 13’570 Höhenmeter

Route Wägiletour Teil 4

ROUTE ‚Wägiletour Teil 4 auf KOMOOT

Inhalt

Wohin des Weges — neue Wege müssen her

Kaffeeland Griechenland — wichtig, lecker, überall

Der Herbst ist da — die Tage werden kürzer

Camping auf griechisch — mittendrin statt gut versteckt

Yassas! — Gastfreundschaft par Excellence

Hundeland Griechenland — der Stein der Weisen

Alle Wege führen nach Athen — und per Fähre nach Kreta

Wohin des Weges

Des Konfliktes in Israel wegen beschlossen wir in Thessaloniki, unsere Route zu ‘re-routen’ und anstatt wie geplant ostwärts in die Türkei zu fahren, erst einmal durch Griechenland und dessen Berge zu mäandern.


Das Pindosgebirge klang mit seinen endlosen, von Strassen und Pisten durchzogenen und mit Höhenmetern gespickten Wäldern nicht nur für Bären, sondern auch für uns verlockend. Die Klöster von Meteora lockten die Touristen in uns an und die Peloponnes lockte mit der Hoffnung auf wärmere Temperaturen.

Kaffeeland Griechenland

Zwei Tage in Thessaloniki reichten für uns Griechenland-Anfänger aus, um etwas grundlegendes zu verstehen: Kaffee ist in Griechenland wichtig, überall zu haben und immer dabei. Ob Espresso, Cappuccino oder ‘Freddo’, in Cafés oder Tavernen, am Tisch, ‘to go’ oder vom Kiosk an der Ecke: Er wird stets mit Stolz, Sorgfalt, Hingabe und bester Gerätschaft zubereitet. Das Resultat enttäuschte selten, der Wohlfühlfaktor war garantiert.

Der Herbst ist da

Trotz des allgegenwärtigen Kaffees waren die Tage mittlerweile kürzer geworden. Denn mit Griechenland waren wir unbemerkt in eine andere Zeitzone gefahren, zudem hatte sich die Winterzeit eingeschlichen und so war es plötzlich bereits vor 18 Uhr dunkel! Nicht eben ideal, wenn man noch bei Tageslicht einen gut versteckten Schlafpatz finden, das Zelt aufstellen, Matten aufblasen, kochen, essen, abwaschen und mit den letzten Sonnenstrahlen in den Schlafsäcken liegen sollte. So mussten wir nun bereits vor 16 Uhr nach einem Camp Spot Ausschau halten und spätestens eine halbe Stunde später einen gefunden haben. Uns lief die Zeit davon.

Camping auf griechisch

Hier kam die entspannte und meist lockere Art der Griechen, gepaart mit einer riesigen Portion Gastfreundschaft, ins Spiel! Anstatt uns also in die Büsche schlagen zu müssen, fragten wir gegen Abend in Dörfern nach. Wir campierten von nun an unter Pavillons oder zwischen Schaukeln auf Dorf- und Spielplätzen, vor Kirchen oder Kapellen, bei Friedhöfen, in Jagdhütten, Olivenhainen, Gärten von Cafés oder Restaurants oder direkt am Strand. «Urban Camping», wie wir es bisher nur in Südkorea erlebt hatten.

Gastfreundschaft par Excellence

«Yassas!» rief man uns überall freundlich zu. Nie wurden wir weggewiesen, ganz im Gegenteil. Regelmässig drückte man uns unverhofft Speisen in die Hände: Von frischem Käse, Oliven, selbstgebackenem Brot über Eier bis hin zu Kuchen oder Keksen. Und je kälter die Nächte wurden, auf der Peloponnes waren einige Nächte um die Nullgradgrenze dabei, umso mehr kümmerte man sich rührend um uns.

Hundeland Griechenland

Weniger rührend kümmerten sich die Hunde um uns. Wachhunde in allen Grössen kläfften uns entgegen, warfen sich gegen Tore und Zäune oder gerieten in Rage. Kamen sie raus, so durften sie sich bei uns einen (indirekt geschossenen) Stein abholen — falls sie sich nicht vorher Gesprächsbereit zeigten. 
Hirtenhunde arbeiteten in Rudeln, waren schon draussen und nahmen ihre Arbeit zum Schutz der Schafe oder Ziegen ernst. Hier durfte der lauteste den (direkten) Stein abholen, dies möglichst bevor man vom ganzen Rudel eingekreist war.
Wilde Hunde hingehen waren nur beängstigend, wenn sie nachts unter lautem Gekläffe ein schnaubendes Tier durch den Wald und direkt an unserem Zelt vorbei jagten.

Alle Wege führen nach Athen

Die Temperaturen auf der Peloponnes entwickelten sich nicht ganz wie geplant. Ebenso unsere Route. Darum endete für uns das griechische Festland in Athen. Von dort, genauer von Piräus, setzten wir in den letzten Novemberstunden mit der Fähre nach Kreta über.